Die Mehrsprachigkeit ist eine Konstante der Schweiz. Auch in der Entwicklungspolitik setzt sich Alliance Sud seit mehreren Jahrzehnten dafür ein, ihr Informationsmaterial einer breiten und mehrsprachigen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In ihren Beziehungen zu den Ländern des Südens legen Alliance Sud und ihre Mitgliedsorganisationen grossen Wert darauf, alle Menschen in ihrer Muttersprache zu erreichen, denn es gilt zu vermeiden, ausschliesslich in Englisch oder Französisch zu kommunizieren; an diesen Sprachen haftet oft das Stigma der Kolonialisierung. Dennoch sind sie in vielen Situationen nach wie vor die wichtigsten Kommunikationsmittel, nicht nur im Austausch mit den Regierungen, sondern auch mit den Menschen vor Ort im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit. Es wird dabei ausgeblendet, dass Englisch und Französisch in der Regel von der lokalen Bevölkerung kaum gesprochen werden und dass ihre Verwendung, auch wenn sie in der internationalen humanitären Hilfe und in mehrsprachigen Regionen ihre Berechtigung haben, zu Kommunikationsschwierigkeiten mit der lokalen Bevölkerung führen und oft Übersetzungsdienste erfordern, die teuer sind und mitunter zu wünschen übrig lassen, wie kürzlich Mia Marzotto von der Organisation «Translators without Borders» in einem Artikel im Magazin «Eine Welt» betonte.
Im Ausland auf einheimisches Personal setzen
Wie die Mitgliedsorganisationen von Alliance Sud vorgehen, um Sprachbarrieren in ihren Projektländern abzubauen, zeigen die folgenden Beispiele. Das HEKS, das Hilfswerk der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, setzt sich explizit dafür ein, Workshops in den lokalen Sprachen anzubieten: «Es ist von grundlegender Bedeutung, dass das HEKS die verschiedenen Begünstigten in einer für sie verständlichen Sprache und über ihre bevorzugten Kanäle erreicht.» Solidar Suisse setzt sich für eine Bildung der jungen Generationen ein, die auch die lokalen Sprachen einbezieht; zum Beispiel in Burkina Faso : In diesem Land, «wo 59 Sprachen gesprochen werden, müssen die Kinder in ihrer Muttersprache unterrichtet werden, damit sie dem Unterricht folgen können, zusätzlich zum Französischen, der Sprache der ehemaligen Kolonial-macht. Lange Zeit war dies nicht der Fall, doch in den letzten Jahren haben die Bildungsprogramme von Solidar Suisse Wirkung gezeigt. Der zweisprachige Unterricht wird nun in allen Primarschulen des Landes als Standard eingeführt.»
SWISSAID nennt es eine «wesentliche Voraussetzung für den reibungslosen Ablauf der Projektarbeit», dass es in den Partnerländern ein Büro gibt, das fast ausschliesslich aus lokalem Personal besteht, das die Projekte koordiniert und das Land, seine Sprachen, Dialekte und Kultur kennt. In Bezug auf die lokalen Sprachen erklärt Petra Winiger (Caritas), wie wichtig es ist, «immer einen respektvollen und kultursensiblen Umgang mit den Partnern zu pflegen. Hier machen wir keinen Unterschied zwischen dem Dialog mit den Behörden, den lokalen NGO-Partnern oder den Begünstigten im Gastland. Um Sprachbarrieren beim Austausch abzubauen, verlassen wir uns bei Bedarf auf die Übersetzung durch unsere lokalen Caritas-KollegInnen oder professionelle DolmetscherInnen. »
Unterschiedliche Befindlichkeiten auch in der Schweiz
Zu all dem kommt noch das direkte Engagement von Alliance Sud im schweizerischen Kontext hinzu: In der Schweiz wirkungsvoll zu kommunizieren, ist das A und O. In unserem Land mit seinen vier Landessprachen stellt Alliance Sud sicher, dass ihre Stellungnahmen und Pressemitteilungen sowie ihre Publikationen auf Deutsch, Französisch und wenn möglich auf Italienisch verfügbar sind. Die Übersetzungsarbeit bedeutet für das Regionalbüro von Alliance Sud in Lugano einen beträchtlichen Aufwand. Darüber hinaus hat das Büro im Laufe der Jahre die Beziehungen und Kontakte zu anderen Organisationen in den verschiedenen Sprachregionen vertieft. Ein weiteres Beispiel aus jüngster Zeit: Im Rahmen der Konzernverantwortungsinitiative (2020) erstellte Alliance Sud ein spezifisches Glossar in drei Amtssprachen des Bun-des, das eine kohärente und treffsichere Kommunikation mit der gesamten schweizerischen Zivilgesellschaft ermöglichte.