Die naheliegendste Massnahme, auf den übereilten und überflüssigen Entscheid zur Erhöhung des Armeebudgets zurückzukommen, fehlt dort ebenso wie eine längst überfällige realistische Diskussion der Schuldenfrage. Alliance Sud, das Kompetenzzentrum für Internationale Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik, ist hoch besorgt über die Auswirkungen, die dieser Bericht haben könnte. Er identifiziert bei den «schwach gebundenen» Ausgaben ein Potential von Kürzungen von 3% im Jahr 2024 und 10% ab 2025; dies nominal, also ohne die Inflation zu berücksichtigen.
Zu diesen Ausgaben gehört auch die Internationale Zusammenarbeit (IZA), also die Unterstützung der ärmsten Länder durch die Schweiz. Während die Schweiz als eines der reichsten Länder der Welt nach wie vor weit entfernt ist vom international vereinbarten Ziel, 0.7% des Bruttonationaleinkommens für die IZA einzusetzen, verschärfen sich aktuell weltweit verschiedene Krisen. Sowohl die extreme Armut wie auch Hungersnöte sind in den letzten zwei Jahren massiv angestiegen und die Klimakrise bedroht die Lebensgrundlagen unzähliger Menschen.
Der Krieg in der Ukraine und die aktuellen Zinserhöhungen der Zentralbanken verschärfen die Lage zusätzlich – mehr als die Hälfte der ärmsten Länder sind heute kaum noch in der Lage, ihre Staats-schulden zu bedienen. Mit der ansteigenden Armut und dem zunehmenden Hunger wächst aber auch die Fragilität und die Krisenanfälligkeit vieler Länder. «Entwicklungsausgaben sind Investitionen, um die Welt etwas stabiler und sicherer zu machen, sie sind auch eine Investition in die Sicherheit der Schweiz», sagt Kristina Lanz, Fachverantwortliche Entwicklungspolitik bei Alliance Sud.
Bevölkerung will die Entwicklungszusammenarbeit stärken
Während der Bericht einige laufende Geschäfte nennt, die sistiert werden könnten, um den Haushalt zu entlasten, verschweigt er die Möglichkeit, den übereilten Entscheid zur Erhöhung des Armeebud-gets zu korrigieren. Bereits im Mai äusserte sich gemäss einer repräsentativen Umfrage der Tamedia eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung kritisch dazu. Die jährliche Sicherheitsstudie der Militärakademie der ETH bestätigte dieses Bild mit einer Befragung im Juni 2022. Nur 19% der Schweizer Bevölkerung bewerteten die Schweizer Armeeausgaben als zu wenig hoch. 30% fanden hingegen, dass zu viel für die Verteidigung ausgegeben werde. Mittlerweile hat die russische Armee klar vorgeführt, dass von ihr für die Schweiz keinerlei Bedrohung durch konventionelle Waffen ausgeht; somit dürfte die Zustimmung der SchweizerInnen zu den erhöhten Armeeausgaben wohl noch geringer ausfallen. Die Zustimmung der Bevölkerung zu einer Erhöhung der Entwicklungsausgaben ist gemäss Sicherheitsstudie der ETH hingegen gross – sie wird von 68% der Befragten und von Personen aller politischen Einstellungen befürwortet.
Für 2023 wird ein Überschuss erwartet
Der Bericht ist zudem durchtränkt vom Maurer-Mantra der Gefährlichkeit der Staatsschulden. Dabei kam die Finanzverwaltung erst vergangene Woche zum Schluss: «Für den Gesamtstaat (Bund, Kan-tone, Gemeinden und Sozialversicherungen) wird (für 2023) ein Überschuss von 1,3 Milliarden erwartet, dies bei stabilen Staatsausgaben und höheren Staatseinnahmen. Die Schulden dürften ab 2023 zurückgehen.» Auch die Schulden des Bundes allein sind im internationalen Vergleich verschwindend klein, wie folgende Grafik der Finanzverwaltung zeigt: