Medienmitteilung

Private Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit?

01.10.2020, Entwicklungsfinanzierung

In seiner Strategie zur internationalen Zusammenarbeit (IZA) 2021-2024, die von beiden Parlamentskammern verabschiedet wurde, plant der Bundesrat, die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft zugunsten der nachhaltigen Entwicklung zu diversifizieren, zu verstärken und neue Finanzinstrumente zu erproben. Ein neues Positionspapier von Alliance Sud analysiert das Potenzial, die Grenzen und Risiken dieses Vorgehens.

Laurent Matile
Laurent Matile

Experte für Unternehmen und Entwicklung

+41 22 901 14 81 laurent.matile@alliancesud.ch
Private Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit?

© Gerd Altmann / Pixabay

Der Bundesrat will mit den Mitteln der öffentlichen Entwicklungshilfe (aide publique au développement, APD) die «Mobilisierung zusätzlicher privater Mittel» für die nachhaltige Entwicklung ermöglichen, insbesondere durch sogenannte Mischfinanzierungen. Konkreteres bleibt die Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021-2024 allerdings schuldig: Weder beziffert sie die Beträge, die für den Ausbau dieser Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft vorgesehen sind, noch stellt sie die konkreten Instrumente vor, geschweige denn die privaten Akteure, mit denen die offizielle Schweiz in Zukunft zusammenarbeiten will.

Zwar gibt es einen breiten Konsens darüber, dass private Investitionen in Entwicklungsländern notwendig sind, um die Finanzierung der Uno-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) sicherzustellen; jüngste Studien und Berichte weisen jedoch darauf hin, dass die Erwartungen an von Staat und Privatsektor gemeinsam getragene, gemischte Finanzierungen stark übertrieben sind. Darüber hinaus stellen diese Analysen fest, dass die Umsetzung dieser Blended Finance-Strategien in den am wenigsten entwickelten Ländern (least developped countries, LDC) mit vielen Einschränkungen und erheblichen Risiken verbunden sind.

In ihrem Positionspapier «Blended Finance – Mischfinanzierungen und Entwicklungszusammenarbeit» fasst Alliance Sud das Potenzial, die Grenzen und Risiken der verschiedenen Instrumente der gemischten Finanzierung zusammen. In ihren Schlussfolgerungen und Empfehlungen in Bezug auf die Finanzierung der Uno-Agenda 2030, in welcher die 17 SDG zusammengefasst sind, erinnert Alliance Sud u.a. daran, dass

  • die Mobilisierung eigener öffentlicher Mittel der Entwicklungsländer eine Priorität sein muss, um die Finanzierung der Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen; in diesem Zusammenhang muss namentlich der Kampf gegen unlautere Finanzströme (illicit financial flows) hohe Priorität geniessen.
  • im Hinblick auf die Entwicklung des Privatsektors den lokalen Unternehmen, insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), sowie den nationalen Finanzmärkten Priorität eingeräumt werden sollte.
  • der Einsatz von Mischfinanzierungen und Partnerschaften zwischen Staaten und privaten Unternehmen nur eine Möglichkeit ist, um zur Erreichung der SDG beizutragen.

Alliance Sud fordert, dass alle Formen der Zusammenarbeit mit dem Privatsektor in der Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz evaluiert werden, und dass vor der Entwicklung neuer Partnerschaften bzw. neuer Finanzierungsinstrumente eine detaillierte Strategie vorgelegt wird, in der neben ökonomischen auch soziale und ökologische Kriterien gebührend berücksichtigt werden.

Blended Finance – Mischfinanzierungen und Entwicklungszusammenarbeit: Die Position von Alliance Sud, 29 Seiten, September 2020.

Weitere Informationen:
Laurent Matile, Dossier Unternehmen und Entwicklung, Alliance Sud, Tel. +41 78 802 06 20