Medienmitteilung

Klimafrage nicht gegen Entwicklung ausspielen

05.09.2019, Klimagerechtigkeit

Die Schweiz ist mit dem Pariser Klimaübereinkommen internationale Verpflichtungen eingegangen; solche gibt es auch im Bereich Entwicklungszusammenarbeit. Alliance Sud legt in einem Positionspapier die Zusammenhänge dar und plädiert dafür, dass die Schweiz ihrer finanziellen Verantwortung nachkommt.

Klimafrage nicht gegen Entwicklung ausspielen
Dhaka, die zwei Meter über dem Meeresspiegel gelegene Hauptstadt von Bangladesch, im Monsunregen vom 26. Juli 2017.
© Abir Abdullah / EPA / Keystone

von Jürg Staudenmann, ehemaliger Fachverantwortlicher «Klima und Umwelt»

Unter dem Titel «Klimagerechtigkeit und internationale Klimafinanzierung aus entwicklungspolitischer Sicht» analysiert Alliance Sud-Klimaexperte Jürg Staudenmann den Zweck und die Bedeutung der internationalen Klimafinanzierung, der die Schweiz mit dem Pariser Klimaübereinkommen zugestimmt hat. Die Schweiz hat sich verpflichtet, entsprechend ihrer Klimaverantwortung und wirtschaftlichen Kraft einen angemessenen jährlichen Beitrag an die 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr zu leisten, die die Industrieländer für Mitigation (Reduktion von Treibhausgasen) und Adaption (Schutz vor den Auswirkungen der fortschreitenden Klimaveränderung) in Entwicklungsländern bereitstellen müssen.

In ihrem Positionspapier zeigt Alliance Sud auf, dass der faire Beitrag der Schweiz 1 Milliarde US-Dollar pro Jahr beträgt. Das Positionspapier präsentiert Lösungen, wie diese Gelder verursachergerecht mobilisiert werden können und fordert Bundesrat und Parlament auf, dringend die dafür nötigen Schritte einzuleiten. Zuletzt hatte der Vorsteher des Aussendepartements EDA, Bundesrat Ignazio Cassis, in seinem Entwurf zur internationalen Zusammenarbeit 2021-2024 vorgeschlagen, die – notabene zu gering angesetzten – Beiträge an die Internationale Klimafinanzierung zur Hauptsache aus dem Budget der Entwicklungszusammenarbeit zu finanzieren. Jürg Staudenmann dazu: «Es ist zynisch, wenn die Schweiz den Entwicklungsländern denselben Franken zwei Mal verkaufen will, einmal als öffentliche Entwicklungshilfe und ein zweites Mal als Klimafinanzierung.» Denn selbst klimasensitive Entwicklungsprojekte sind per se noch keine Klimaprojekte. Und umgekehrt sind Mitigations- oder Adaptationsprojekte nicht automatisch armutsreduzierend.

Alliance Sud fordert deshalb, dass die internationale Klimafinanzierung aus zusätzlichen, verursachergerecht erhobenen Mitteln finanziert wird. Konkret soll eine Flugticketabgabe oder die Erweiterung der CO₂-Abgabe auf Treibstoffe Einnahmen generieren, die auch für die internationale Klimafinanzierung verwendet werden können.

Meinung

Ein deutliches «Ja» für mehr Klimagerechtigkeit

19.06.2023, Klimagerechtigkeit

Die Argumente für ein «Ja» zum Klimaschutz-Gesetz waren so vielfältig wie die Schweiz. Die Stimmbevölkerung hat mit 59.1% Zustimmung dem Bundesrat den klaren Auftrag gegeben, mehr Verantwortung für die Umsetzung des Pariser Abkommens zu übernehmen.

Delia Berner
Delia Berner

Expertin für internationale Klimapolitik

Ein deutliches «Ja» für mehr Klimagerechtigkeit

© Verein Klimaschutz Schweiz

Endlich! Am Abstimmungssonntag kam auch bei Alliance Sud grosse Erleichterung auf, als klar wurde, dass in der Schweizer Stimmbevölkerung ein starker Klimaschutz mehrheitsfähig ist – trotz einer aggressiven Gegenkampagne. Der indirekte Gegenvorschlag der Gletscher-Initiative vermochte zu überzeugen, weil es für eine breite Mehrheit der Bevölkerung längst überfällig ist, dass die Schweiz mehr Verantwortung im Klimaschutz übernimmt – sowohl in ihrer internationalen Rolle als reiches Land wie auch gegenüber ihrer eigenen Bevölkerung. So regelt das Gesetz nicht nur die Schweizer Verpflichtungen für Emissionsreduktionen, sondern auch die Verantwortung von Bund und Kantonen, für die Anpassung an den Klimawandel zu sorgen.

Die hohe Zustimmung zum Klimaschutz-Gesetz gibt Bundesrat und Parlament den klaren Auftrag, nun geeignete Massnahmen für eine rasche Absenkung der Schweizer Emissionen zu beschliessen, insbesondere mittels Anpassungen im CO2-Gesetz. Bereits das Emissionshalbierungsziel bis 2030 erfordert zusätzliche Anstrengungen und ist gleichzeitig eine zentrale Voraussetzung zur Erreichung des Ziels des Pariser Abkommens, die globale Erderwärmung auf 1.5 Grad zu begrenzen. Das Klimaschutz-Gesetz gibt vor, dass diese Emissionsreduktionen «soweit möglich» in der Schweiz erreicht werden müssen. Die Möglichkeiten der Schweizer Klimapolitik sind bei weitem nicht ausgeschöpft und gehen weit über das erklärte Ziel von Bundesrat Rösti hinaus, für genügend einheimischen Strom zu sorgen. Der erste wichtige Schritt wird eine rasche Verabschiedung der Verordnung zum Klimaschutzgesetz durch den Bundesrat sein.

Die rasche Reduktion der Emissionen ist nur ein Teil der Schweizer Verantwortung für Klimagerechtigkeit. Im Gesetz ebenfalls eingefordert wird die Klimaverträglichkeit der Finanzflüsse. Der Bund muss dafür sorgen, dass der Schweizer Finanzplatz seinen Beitrag zum globalen Klimaschutz leistet. Hier besteht ein wesentlicher Nachholbedarf und gleichzeitig eine riesige Chance, die Schweizer Hebel für globalen Klimaschutz zu nutzen.

Mit dem klaren «Ja» der Stimmbevölkerung sollte die Schweiz jetzt den Schwung nutzen, das Pariser Abkommen gemäss ihrer Verantwortung und der hohen finanziellen Flexibilität, welche sie als reiches Land hat, umzusetzen. Zu den Verpflichtungen gehört auch ein fairer Beitrag der Schweiz zur internationalen Klimafinanzierung, der nicht auf Kosten der internationalen Zusammenarbeit anderswo geht. Die Schweiz muss künftig mit verursachergerechten Finanzierungsinstrumenten für eine zusätzliche Finanzierung zugunsten des Globalen Südens sorgen.