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Faktenblatt
Klimawandel und Schuldenkrise – ein Teufelskreis
08.09.2023, Klimagerechtigkeit
Die negativen Auswirkungen der Klimaerwärmung und die dramatische Staatsverschuldung in vielen Ländern des Globalen Südens sind zwei Krisen, die sich laufend verschärfen. Mindestens 54 Staaten im Globalen Süden leiden unter gravierenden Schuldenproblemen, davon gehören 28 gleichzeitig zu den 50 am schlimmsten vom Klimawandel betroffenen Ländern. Dabei gibt es mehrere Zusammenhänge der beiden Krisen, welche die Krisenbewältigung für die betroffenen Länder massiv erschweren.

Adam Sébire / Climate Visuals
Analysepapier
Privatsektor in der Entwicklungszusammenarbeit
21.07.2023, Entwicklungsfinanzierung
In der Debatte um die internationale Zusammenarbeit (IZA) werden Privatsektor und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) oft gegeneinander ausgespielt. Das Analysepapier von Alliance Sud bietet eine differenzierte Sicht.

In kontroversen Diskussionen über die internationale Zusammenarbeit (IZA) der Schweiz und ganz besonders im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) werden Privatsektor und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) oft gegeneinander ausgespielt. Aber wer genau ist gemeint, wenn vom Einbezug des «Privatsektors» in die EZA gesprochen wird? Das Analysepapier von Alliance Sud soll einen Beitrag dazu leisten, die oft sehr verkürzt und ideologisch geführte Debatte zur Rolle des Privatsektors in der EZA zu differenzieren. Gleichzeitig werden Empfehlungen zur zukünftigen Rolle der Privatwirtschaft in der EZA abgegeben.
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Faktenblatt
Klimafinanzierung ab 2025: Wie finanzieren?
06.09.2023, Klimagerechtigkeit
Gemäss dem Pariser Klimaabkommen müssen die Industriestaaten die Entwicklungsländer finanziell dabei unterstützen, das Klima zu schützen und sich an den Klimawandel anzupassen – dies wird «Klimafinanzierung» genannt. Von 2020 bis 2025 sollten dafür jährlich 100 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt werden.

Gemäss dem Pariser Klimaabkommen müssen die Industriestaaten die Entwicklungsländer finanziell dabei unterstützen, das Klima zu schützen und sich an den Klimawandel anzupassen – dies wird «Klimafinanzierung» genannt. Von 2020 bis 2025 sollten dafür jährlich 100 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt werden. Bis Ende 2024 wird ein neues Ziel verhandelt, das ab 2025 gelten soll und den Voraussagen zufolge um ein Vielfaches höher ausfallen wird. Würde sich das Finanzierungsziel nach dem realen Bedarf richten, müssten gemäss UNO bis 2030 allein für Klimaanpassung jährlich 340 Milliarden $ gesprochen werden – und noch einmal mindestens so viel für die Reduktion der Treibhausgase. Es handelt sich um zusätzlichen Unterstützungsbedarf; somit werden neue, zusätzliche Gelder erwartet. Die dramatischen Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die ärmsten Länder machen die Dringlichkeit der zusätzlichen Unterstützung deutlich.
Was ist der faire Anteil der Schweiz? Für das aktuelle 100-Milliarden-Ziel gibt es keinen Verteilschlüssel unter den Geberländern. Der Bundesrat rechnet mit einer Mischung aus Verursacherprinzip und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Indem er nur die Emissionen im Inland berücksichtigt, kommt er auf einen Beitrag von 450 - 600 Millionen $ pro Jahr. Gemäss Angaben des Bundes machen aber die durch den Schweizer Konsum im Ausland verursachten Emissionen mehr als die Hälfte des Schweizer Klima-Fussabdrucks aus. Wenn die Schweiz ihre Verantwortung für Emissionen im Ausland wahrnehmen würde, müsste sie bereits jetzt 1 Milliarde $ jährlich zur internationalen Klimafinanzierung beisteuern
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Studie
Schuldenbremse: kein Grund zum Sparen
05.06.2023, Finanzen und Steuern
Cédric Tille, Professor für internationale Ökonomie am Geneva Graduate Institute, hat im Auftrag von Alliance Sud den finanzpolitischen Spielraum des Bundes für die nächsten fünfundzwanzig Jahre untersucht.

Die Schulden der Schweiz haben in den letzten Jahren markant abgenommen
© Alliance Sud
Cédric Tille kommt in seiner Studie klar zum Schluss: Aus ökonomischer Sicht gibt es für den Bund keinen Grund zu sparen. Im Gegenteil: Die extrem tiefe Staatsverschuldung der Schweiz macht in den nächsten Jahren zusätzliche Investitionen möglich: Bis 2030 stehen gemäss Tille mindestens 15 Milliarden Franken für Mehrausgaben zur Verfügung, bis 2050 sogar 25 Milliarden – ohne dass sich die extrem niedrige Schuldenquote der Schweiz erhöht.
Zwei Faktoren sind für dieses Ergebnis wichtig: Die Zinsen auf Staatsanleihen bleiben für den Bund trotz Zinserhöhungen der Schweizerischen Nationalbank real sehr tief. Zudem sinkt mit der gegenwärtigen Inflation die Verschuldung des Bundes im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt (BIP), weil letzteres durch die Inflation steigt. Die Studie legt den grundsätzlichen Irrtum des Bundesrates im Umgang mit der Schweizer Staatsverschuldung offen: Die absolute Zahl in Franken und Rappen ist irrelevant, um die finanzpolitische «Fitness» der Schweiz zu messen. Entscheidend ist der Schuldenstand im Verhältnis zum BIP. Und hier steht die Schweiz auch im internationalen Vergleich äussert bzw. zu gut da.
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Publikation
«Ja, aber» zu nationaler Menschenrechtsinstitution
01.11.2017, Agenda 2030
Der Bundesrat will eine nationale Menschenrechtsinstitution (NMRI) schaffen. Dem Gesetzesentwurf fehlt es jedoch an Kohärenz, denn er klammert die Menschenrechtsaussenpolitik aus. Die Vernehmlassung von Alliance Sud.

© Daniel Hitzig/Alliance Sud
Download der Vernehmlassung von Alliance Sud vom 31. Oktober 2017.
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Publikation
Offener Brief gegen erleichterten Waffenexport
09.02.2018, Agenda 2030
Über zwei Dutzend Organisationen, die sich für Frieden, Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung einsetzen, haben einen offenen Brief der GSoA gegen eine Erleichterung von Waffenexporten in Bürgerkriegsländer unterzeichnet.

Offener Brief der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) vom 7. Februar 2018
Sehr geehrter Bundesrat
Sehr geehrter Herr Kommissionspräsident
Sehr geehrte Kommissionsmitglieder
Wie wir der Medienberichterstattung von Anfang November entnehmen konnten, haben sich 13 Rüstungsunternehmen an Sie gewandt, mit der Bitte, auch in Bürgerkriegsländer exportieren zu dürfen. Mit grosser Bestürzung haben wir vernommen, dass eine Delegation dieser Unternehmen in einer offiziellen SiK-S-Sitzung angehört wurde und, wie letzte Woche bekannt wurde, das zuständige Departement dem Bundesrat demnächst eine entsprechende Verordnungsänderung beantragen wird.
Bereits jetzt wird Kriegsmaterial in Länder exportiert, die in einen bewaffneten Konflikt involviert sind, der aber nicht auf ihrem Staatsgebiet stattfindet. Damit wird die bestehende Gesetzesgrundlage schon heute missachtet. Ein Export von Kriegs-material in Staaten, die Krieg führen, birgt viele Risiken und trägt auf keinen Fall zu einer friedlichen Lösung des Konflikts bei. Zum einen muss davon ausgegangen werden, dass das exportierte Material auch wirklich eingesetzt wird und dabei Menschen getötet werden. Daneben besteht das Risiko, dass damit Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen werden.
Das Ziel einer schweizerischen Neutralitätspolitik kann nicht sein, die eigene Rüstungsindustrie zu unterstützen und dabei die Stabilität anderer Länder zu gefährden. Was im EDA durch «Gute Dienste», Vermittlungsprozesse und diplomatisches Geschick erreicht wird, würde bei einer Lockerung der Kriegsmaterialverordnung zunichte gemacht. Gemäss dem UNHCR sind täglich 28’300 Menschen gezwungen, ihr Zuhause wegen Krieg und Verfolgung zu verlassen. Der Export von Kriegs-material in Kriegsgebiete trägt unter keinen Umständen dazu bei, dass sich die Lage dort beruhigt oder eine zivile Konflik-tlösung gesucht wird. Stattdessen werden bewaffnete Konflikte weiter angetrieben und noch mehr Leute gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen und einen äusserst gefährlichen Weg der Flucht auf sich zu nehmen.
Was die Forderung der Rüstungsunternehmen treibt, ist eine egoistische, wirtschaftszentrierte Sicht, welche die Auswirkun-gen ihrer Tätigkeit verkennt und die Arbeitsplätze in der Schweiz höher gewichtet als die Menschenrechte und die globale Stabilität. Ausnahmsweise kennt die Schweiz striktere Gesetze als die europäischen Nachbarstaaten und könnte damit in einem wichtigen Politikbereich eine Vorreiterrolle spielen. Wir bitten Sie daher, der globalen Situation und den gesamt-schweizerischen Interessen Rechnung zu tragen, nicht auf die Wünsche der Rüstungsindustrie einzugehen und von einer entsprechenden Verordungsänderung abzusehen.
Wir danken Ihnen für die Kenntnisnahme unserer Anliegen. Für Fragen oder ein Gespräch stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen
Eva Krattiger, Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA)
Mark Herkenrath, Alliance Sud
Heinz Bichsel, Bereich OeME-Migration der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn
Urs Sekinger, Brückenschlag Zürich <–> Amed/Diyarbakir
Carmen Meyer, cfd – die feministische Friedensorganisation
Teres Steiger-Graf, comundo
Melanie Aebli, Demokratische Jurist_innen Schweiz
Dorothea Forster, Evangelische Frauen Schweiz
Bernd Nilles, Fastenopfer / Action de Carême
Christoph Wiedmer, Gesellschaft für bedrohte Völker
Melchior Lengsfeld, HELVETAS Swiss Intercooperation
Alex Sutter, humanrights.ch
Sevim Kalkan, Internationale Widerstandsplattform Efrin (Schweiz)
Wolfgang Bürgstein, Justitia et pax
Therese Vögeli, medico international schweiz
Karl Heuberger, Peace Watch Switzerland
Andreas Missbach, Public Eye
Hanna Götte, Religiös-Sozialistische Vereinigung der Deutschschweiz
Julia Hoppe, Schweizerische Friedensbewegung
Simone Curau-Aepli, SKF SchweizerischerKatholischer Frauenbund
Amanda Ioset, Solidarité sans frontières
Aurora García, SOLIFONDS
Judith Schmid, Stand Up for Refugees
Jeremias Blaser, swissaid
Franziska Lauper, terre des hommes schweiz
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Publikation
Lippenbekenntnisse statt nachhaltiger Entwicklung
11.02.2021, Agenda 2030
Die vorgeschlagene Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 des Bundesrats ist dringend notwendig, trägt aber der globalen Bedeutung der Schweizer Innen- und Aussenpolitik nicht angemessen Rechnung: Sie ist unverbindlich, vage und wenig ambitioniert. Alliance Sud verlangt in ihrer Vernehmlassungsantwort grundlegende Verbesserungen.

Die Schweiz muss einen massgeblichen Beitrag zur globalen nachhaltigen Entwicklung leisten – aus Gründen der Solidarität und Verantwortung, aber auch aus Eigeninteresse. Vor sechs Jahren betonte die damalige Bundespräsidentin in New York vor der UNO, die «Sustainable Development Goals» (SDGs) müssten nun auch wirklich umgesetzt werden. Der längst fällige Entwurf der Strategie Nachhaltige Entwicklung (SNE) 2030 löst dieses Versprechen aus mehreren Gründen nicht ein:
Unverbindlich
Der einseitige strategische Fokus auf das Prinzip der Freiwilligkeit und auf Deregulierungsmassnahmen ist nicht zielführend. Verlangt ist eine intelligente Mischung aus Anreizen und verbindlichen Regulierungen, insbesondere auch zur Reduktion der CO2-Emissionen des Finanzplatzes und zur Stärkung der Unternehmensverantwortung. Zudem sollten systematische Ex-ante-Folgenabschätzungen beurteilen, wie sich neue Gesetze auf alle relevanten Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung auswirken werden.
Vage
Verschiedene Ziele der Strategie sind vage und unverbindlich formuliert, zum Beispiel wenn es um Ziel 16 der Agenda 2030 geht, welches auf die Stärkung des Friedens, der Menschenrechte, der Zivilgesellschaft und ihrer demokratischen Teilhabe fokussiert. Der Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft wird in zahlreichen Ländern – auch in der Schweiz – zunehmend eingeschränkt. Der Beitrag der Zivilgesellschaft muss deshalb über geeignete Ziele und Massnahmen wesentlich gestärkt werden. Dringend erforderlich ist auch eine stärkere Ausrichtung auf die legitimen Ansprüche der ärmsten und am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen der Entwicklungsländer.
Wenig ambitioniert
Im Kampf gegen unlautere internationale Finanzflüsse fehlen ambitioniertere Ziele und griffige Massnahmen auch auf nationaler Ebene. Gewinnverschiebungen und aggressive Steuervermeidung entziehen ärmeren Ländern Finanzmittel in mehrstelliger Milliardenhöhe, die sonst von diesen Ländern eigenverantwortlich zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung eingesetzt werden könnten. Als einer der weltweit führenden Finanzplätze und Konzernstandorte steht die Schweiz in einer ganz besonderen Verantwortung.
Alliance Sud bedauert, dass es der Bundesrat mit seinem Entwurf bisher verpasst hat, dem internationalen Rahmen der SDGs ein würdiges und kohärentes Pendant auf nationaler Ebene zur Seite zu stellen und institutionell zu verankern. «Wir haben keine Zeit mehr für Lippenbekenntnisse: Sechs Jahre nach der Verabschiedung der Agenda 2030 müssen den schönen Worten endlich Taten folgen», sagt Mark Herkenrath, Geschäftsleiter von Alliance Sud. «Sämtliche Ziele und Massnahmen der neuen Strategie müssen sowohl zur nachhaltigen Entwicklung in der Schweiz beitragen als auch die Entwicklungschancen der ärmsten Menschen der Welt stärken.»
Weitere Informationen:
Mark Herkenrath, Geschäftsleiter Alliance Sud, +41 78 699 58 66, mark.herkenrath@alliancesud.ch
Hier finden Sie die vollständige Vernehmlassungsantwort.
Hier finden Sie den Begleitbrief.
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Publikation
Revision des Aktienrechts: Das fordern NGOs
21.02.2015, Internationale Zusammenarbeit
Eine bessere Verankerung der Unternehmensverantwortung im Obligationenrecht: Darauf zielt die gemeinsame Vernehmlassung einer Koalition von NGOs, darunter Alliance Sud.

© Daniel Hitzig/Alliance Sud
von Mark Herkenrath, ehemaliger Geschäftsleiter Alliance Sud
Die Revision des Aktienrechts bietet die Gelegenheit das Obligationenrecht im Hinblick auf internationale Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der Corporate Governance zu ergänzen, damit Schweizer Gesellschaften ihre Verantwortung besser wahrnehmen – insbesondere wenn sie in Entwicklungsländern aktiv sind. Ohne zur Gesamtheit des Vorentwurfs Stellung zu nehmen, schlagen die unterzeichnenden Organisationen vor, die Revision einerseits mit Bestimmungen hinsichtlich der Respektierung der Menschenrechte und andererseits bezüglich der Offenlegung von «wirtschaftlich Berechtigten» («beneficial ownership») zu ergänzen. Sie kommentieren darüber hinaus die vorgeschlagenen Bestimmungen zur Transparenz von Zahlungen von Rohstoffunternehmen an staatliche Stellen. Diesbezüglich betrachten sie es als entscheidend, dass der Rohstoffhandel, welcher das Kerngeschäft des Schweizer Rohstoffsektors bildet, in die vorgeschlagene Regelung miteinbezogen wird.
Hier geht es zur gemeinsamen Vernehmlassung von Alliance Sud, Brot für alle, Fastenopfer, Swissaid, Amnesty international und der Erklärung von Bern.
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Publikation
Blackbox Unternehmenssteuerreform
08.12.2016, Finanzen und Steuern
Die Unternehmenssteuerreform III, über die die Stimmberechtigten am 12. Februar befinden, könnte neue Steuerschlupflöcher schaffen. Bezahlen müssten dafür unter anderem auch die Entwicklungsländer.

© Tim Reckmann/pixelio.de
Im Juni 2016 haben die eidgenössischen Räte die Vorlage zur Unternehmenssteuerreform III (USR III) verabschiedet. Eigentlich sollte die Vorlage die Schweizer Steuerpolitik den neuen internationalen Standards von OECD, EU und G20 anpassen und die Steueroase Schweiz für Konzerne austrocknen. Sie zielt nun aber weit an dieser ursprünglichen Intention vorbei. Eine starke bürgerliche Mehrheit des Parlaments hat die Reformvorlage genutzt, um alte Sondersteuerregime durch neue zu ersetzen und den Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen weiter anzuheizen. Mit dramatischen Konsequenzen: Damit die neuen Privilegien OECD-konform sind, müssen sie auch für einheimische Unternehmen gelten. Befürchtet werden deshalb Steuerausfälle von mindestens 1,5 Milliarden Franken pro Jahr beim Bund und weiteren Milliarden bei den Kantonen. Für gewisse Firmen könnte ein effektiver kantonaler Gewinnsteuersatz von nur noch 3% und darunter gelten. Bestehende Steuerprivilegien für multinationale Konzerne werden mit der USR III zudem nicht abgeschafft, sondern durch neue ersetzt. Die Konzerne haben damit weiterhin einen starken Anreiz, Gewinne aus Entwicklungsländern unversteuert in die Schweiz zu verlagern – mit verheerenden Konsequenzen für die Gemeinwesen im globalen Süden. Die massiven Steuerausfälle, die die USRIII verursacht, sind im Stabilisierungsprogramm 2017-2019 des Bundes bereits berücksichtigt und können in kommenden Sparpaketen zu weiteren Budgetkürzungen in der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit führen.
Gegen dieses Paket hat ein breites Bündnis aus links-grünen Parteien und Gewerkschaften mit über 57‘000 gültigen Unterschriften am 6. Oktober das Referendum eingereicht. Am 12. Februar 2017 wird über die Vorlage abgestimmt. Bei einer Ablehnung der jetzigen Vorlage durch die Stimmberechtigten müsste der Bundesrat zügig einen neuen, mehrheitsfähigeren Reformentwurf präsentieren, da die OECD von der Schweiz die definitive Abschaffung der bestehenden Steuerprivilegien für Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften bis spätestens 2020 verlangt.
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Publikation
SV17: Das sind die Steuerschlupflöcher für Multis
10.09.2018, Finanzen und Steuern
Gewinnverschiebungen multinationaler Konzerne in die Schweiz schädigen die Länder des globalen Südens massiv. Die vorliegende Steuervorlage 17 (SV17) wird dies nicht ändern. Dies zeigt die Recherche von Alliance Sud.

Die effektive Durchschnittssteuerbelastung 2017 in den Kantonshauptorten im internationalen Vergleich (in % des Gewinns). Quelle: SGB, Daten ZEW/BAK Basel
© Alliance Sud
Das Fazit der heute veröffentlichen Alliance Sud-Recherche über Instrumente zur Gewinnoptimierung und Steuervermeidung durch internationale Konzerne lautet:
Die Schweiz darf nicht länger auf ein Steuersystem setzen, das anderen Ländern Steuereinnahmen entzieht. Sie muss vielmehr einen Umbau ihrer Unternehmenssteuerpolitik in Angriff nehmen, der zur Erreichung der UNO-Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 beiträgt.
Die Recherche von Alliance Sud zeigt, dass die Steuervorlage 17 (SV17) die bisherige Schweizer Tiefsteuerstrategie für Konzerne fortsetzt, entgegen den Behauptungen vieler BefürworterInnen im Parlament. Der Übergang von der sog. «Swiss Finance Branch» zur zinsbereinigten Gewinnsteuer zeigt etwa, dass dieselben Steuerdumpingvehikel mit der SV17 einfach unter anderem Namen weiterlaufen. Die Analyse der «Gewinnwäscherei» und der doppelten Nullbesteuerung mit Hilfe des Beteiligungsabzugs zeigt zudem, dass zentrale Schlupflöcher in transnationalen Offshorestrukturen, in denen Schweizer Tochterfirmen eine zentrale Rolle spielen, mit der SV17 nicht gestopft werden.
Mit der sofortigen und ersatzlosen Streichung der alten Sondersteuerregime könnte die Schweiz stattdessen einen äusserst effektiven Beitrag zu einer sozial und ökologisch nachhaltigen Entwicklung der Welt leisten. Die Schweizer Politik hat es in der Hand, die globale Abwärtsspirale bei den Unternehmenssteuern zu bremsen; als führende globale Finanz- und Handelsdrehscheibe hat sie dafür ein paar wirtschaftspolitische Hebel in der Hand. Umso früher sie diese einsetzt, desto kleiner der Schaden für alle.
Wenn sich die Tiefsteuerländer für Konzerne wie die Schweiz, die Niederlande, Luxemburg, Irland oder auch die USA «die heisse Kartoffel» unendlich gegenseitig zuwerfen, wird die Welt irgendwann gar keine Unternehmenssteuern mehr kennen. Ein Race to the bottom aber, das tatsächlich auf Grund laufen würde, hätte katastrophale Auswirkungen. Es würde die Bekämpfung der grassierenden sozialen Ungleichheit in der Welt verunmöglichen, hätte einen Kahlschlag in der öffentlichen Infrastruktur auf dem ganzen Globus zur Folge und würde damit letztlich auch alle Bemühungen unterlaufen, demokratische Strukturen in den Nationalstaaten zu erhalten und weiterzuentwickeln, die schon heute vielerorts massiv unter Druck stehen.
Was Alliance Sud auf die Argumente der BefürworterInnen der SV17 antwortet, lesen Sie im ausführlichen Fazit am Ende der Recherche.
Die Beiträge an der Medienkonferenz vom 11.9.2018:
von Dominik Gross, Experte für Steuerpolitik, Alliance Sud
vonn Felix Gnehm, Direktor Solidar Suisse
von Ellen Ehmke, Analystin soziale Ungleichheit, Oxfam Deutschland
***ACHTUNG SATIRE***
Mitgefühl mit Multis
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