Medienmitteilung

Freiwillige sammeln 183'661 Unterschriften in 14 Tagen

21.01.2025, Konzernverantwortung

In kürzester Zeit haben über 10'000 Engagierte aus allen Landesteilen die Unterschriften für die neue Konzernverantwortungsinitiative gesammelt. Der Sammelrekord unterstreicht die grosse Unterstützung für die Initiative in der Bevölkerung.

Freiwillige sammeln 183'661 Unterschriften in 14 Tagen

Trotz eisiger Temperaturen engagierten sich in den letzten zwei Wochen Freiwillige schweizweit und sprachen mit Passant:innen über die neue Konzernverantwortungsiniative - mit rekordverdächtigem Erfolg.

Medienmitteilung der Koalition für Konzernverantwortung vom 21. Januar 2025. Alliance Sud ist Mitglied der Koalition für Konzernverantwortung.

 

Ein breites Komitee aus Politiker:innen aller Lager sowie Unternehmer:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft lancierte am 7. Januar 2025 die neue Konzernverantwortungsinitiative. Diese verpflichtet Konzerne wie Glencore bei ihren Geschäften zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltbestimmungen.

Freiwillige hatten Mitte Januar über 1'000 Standaktionen organisiert, um die nötigen Unterschriften in kürzester Zeit zu sammeln. In nur 14 Tagen sind 183'661 Unterschriften zusammengekommen, die nun beglaubigt werden.

Der Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt, der Mitglied des Initiativkomitees ist, kommentiert: «Ich habe noch nie ein Anliegen erlebt, für das sich so viele Menschen in ihrer Freizeit einsetzen. Überall fanden in den letzten zwei Wochen Standaktionen statt – in den Städten und auf dem Land. Dass in nur 14 Tagen 183'661 Unterschriften gesammelt wurden, ist eine Sensation! Das zeigt eindeutig, wie gross die Unterstützung für die Konzernverantwortungsinitiative in der Bevölkerung ist.»

Schweiz bald einziges Land ohne Konzernverantwortung

2020 warnten die Gegner:innen im Abstimmungskampf um die erste Konzernverantwortungsinitiative, die Schweiz würde «weltweit einzigartige Haftungsregeln» einführen. Der Bundesrat versprach, «international abgestimmt» vorgehen zu wollen und «gleich lange Spiesse» für Unternehmen in der Schweiz und der EU anzustreben.

Doch obwohl seither verschiedene europäische Länder wie Deutschland und Norwegen Konzernverantwortungsgesetze einführten und im Frühling 2024 die Europäische Union eine Sorgfaltspflichtenrichtlinie verabschiedete, kommt die Diskussion hierzulande nicht voran.

Aktuelle Skandale zeigen Handlungsbedarf

Bis heute verletzen Konzerne mit Sitz in der Schweiz immer wieder Menschenrechte und grundlegende Umweltbestimmungen: Sei es eine Glencore-Mine in Peru, die einen ganzen Landstrich vergiftet, Goldraffinerien wie MKS Pamp, die problematisches Gold in die Schweiz importieren, der Genfer Metallhandelskonzern IXM, der in Namibia rund 300'000 Tonnen hochgiftige Abfälle zurücklässt oder gewisse Schokolade-Konzerne, die bis heute von Kinderarbeit profitieren.

Die neue Konzernverantwortungsinitiative wird solchen Geschäften einen Riegel schieben.

 

Weitere Informationen:

Oliver Heimgartner, Co-Geschäftsleiter
078 800 93 45, oliver.heimgartner@konzernverantwortung.ch

Medienkontakt:

Stefan Müller-Altermatt, Nationalrat Die Mitte (SO)
076 332 15 26

Medienmitteilung

Neue Konzernverantwortungsinitiative verhindert Schweizer Alleingang

07.01.2025, Konzernverantwortung

Ein breites Komitee mit Vertreter:innen aller politischer Lager sowie Unternehmer:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft stellt heute in Bern die neue Konzernverantwortungsinitiative vor. Die Initiative verpflichtet Konzerne bei ihren Geschäften zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltbestimmungen.

Neue Konzernverantwortungsinitiative verhindert Schweizer Alleingang

Hinter dem Sicherheitszaun erhebt sich Antapaccay, eine gigantische Kupfermine von Glencore in Peru. Studien zeigen, dass sie mitten in indigenem Land Luft, Wasser und Böden vergiftet. © Jacob Balzani Lööv

Medienmitteilung der Koalition für Konzernverantwortung vom 7. Januar 2025. Alliance Sud ist Mitglied der Koalition für Konzernverantwortung.

 

Bis heute verletzen Konzerne mit Sitz in der Schweiz immer wieder Menschenrechte und grundlegende Umweltbestimmungen: Sei es eine Glencore-Mine in Peru, die einen ganzen Landstrich vergiftet, Goldraffinerien wie MKS Pamp, die problematisches Gold in die Schweiz importieren, der Genfer Metallhandelskonzern IXM, der in Namibia rund 300'000 Tonnen hochgiftige Abfälle zurücklässt oder gewisse Schokolade-Konzerne, die bis heute von Kinderarbeit profitieren. Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt stellt klar: «Dieses Verhalten schadet dem Ruf unserer Wirtschaft und muss nun endlich aufören.»

Die Beispiele zeigen auch, dass der Gegenvorschlag zur ersten Konzernverantwortungsinitiative, der weitgehend auf Wunsch der Konzernlobbyverbände eingeführt wurde und auf Berichterstattung fokussiert, wirkungslos geblieben ist.

Schweiz bald einziges Land ohne Konzernverantwortung

2020 warnten die Gegner:innen im Abstimmungskampf um die erste Konzernverantwortungsinitiative, die Schweiz würde «weltweit einzigartige Haftungsregeln» einführen. Der Bundesrat versprach, «international abgestimmt» vorgehen zu wollen und «gleich lange Spiesse» für Unternehmen in der Schweiz und der EU anzustreben.

Doch obwohl seither verschiedene europäische Länder wie Deutschland und Norwegen Konzernverantwortungsgesetze einführten und im Frühling 2024 die Europäische Union eine Sorgfaltspflichtenrichtlinie verabschiedete, kommt die Diskussion hierzulande nicht voran. GLP-Nationalrat Beat Flach sagt: «Die Schweiz ist nun bald das einzige Land in Europa ohne Konzernverantwortung. Das wollen wir nicht. Die Schweiz muss international abgestimmt vorgehen.»

Initiative stellt für Grosskonzerne verbindliche Regeln auf

Die neue Initiative «Für verantwortungsvolle Grossunternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» möchte Schweizer Konzerne dazu verpflichten, bei ihren Geschäften Menschenrechte und Umweltbestimmungen einzuhalten und ihre klimaschädlichen Emissionen zu reduzieren. Die geforderten Pflichten sind eng mit den internationalen Standards in dem Bereich und den neuen Pflichten in der EU abgestimmt und gelten für Konzerne ab 1'000 Mitarbeitenden und 450 Millionen Franken Umsatz. Im besonders risikobehafteten Rohstoffsektor sollen auch Grossunternehmen erfasst werden, die diese Schwellenwerte nicht erreichen.

Glencore müsste mit der Initiative beispielsweise endlich Massnahmen ergreifen, um die jahrelange Verschmutzung rund um die Mine Antapaccay in Peru zu stoppen und die Schäden zu sanieren.

Damit sich alle Konzerne an die neuen Regeln halten, sieht die Initiative vor, dass Betroffene von Menschenrechtsverletzungen vor einem Schweizer Gericht Schadenersatz einfordern können. Die Pflichteinhaltung soll zudem von einer unabhängigen Aufsicht stichprobenartig überprüft werden, wie das auch in den anderen europäischen Ländern vorgesehen ist.

Der ehemalige FDP-Nationalrat und Staatsrat Claude Ruey kommentiert: «Die Initiative setzt ein rechtsstaatliches Prinzip um, das mir als Liberaler sehr am Herzen liegt: Jeder ist für sein Handeln verantwortlich und wer einen Schaden anrichtet, soll dafür geradestehen.»

Dem Initiativkomitee ist es wichtig, einen pragmatischen Vorschlag zu machen. Im neuen Initiativtext wurden deshalb einige Zugeständnisse an die Gegner:innen der ersten Konzernverantwortungsinitiative gemacht, um auf die bereits geführte Diskussion in der Schweiz Rücksicht zu nehmen. So ist die Haftung für Zulieferer im Vergleich zur EU-Richtlinie ausgeschlossen, die Beweislastverteilung ist im Vergleich zur ersten Initiative offener geregelt und KMU sind vom Geltungsbereich der Initiative ausgeschlossen.

Unterschriften sollen in 30 Tagen gesammelt werden

Hinter der Initiative steht ein breites Komitee, in dem bekannte Politiker:innen aller Lager, Unternehmer:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft Einsitz nehmen. Dazu kommen tausende Einzelpersonen, die bereits für die erste Initiative eine Fahne aufgehängt haben und nun mithelfen, dass die nötigen 100'000 Unterschriften in nur 30 Tagen zusammenkommen. In der ganzen Schweiz haben Freiwillige im Verlauf vom Januar über 1'000 Standaktionen organisiert, um diesen Sammelrekord zu schaffen und so ein starkes Zeichen zu setzen, damit Konzerne endlich für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung geradestehen müssen.

 

Weitere Informationen:

Oliver Heimgartner, Co-Geschäftsleiter
078 800 93 45, oliver.heimgartner@konzernverantwortung.ch

Artikel, Global

NKP der OECD: Wenn Dialog an Grenzen stösst

09.10.2017, Konzernverantwortung

Die Wirtschaftsverbände wehren sich gegen eine zivilrechtliche Haftung für Unternehmen wie sie die Konzernverantwortungsinitiative zum Schutz von Mensch und Umwelt vorsieht. Umso lieber betonen sie die Vorzüge des Nationalen Kontaktpunkts (NKP).

Laurent Matile
Laurent Matile

Experte für Unternehmen und Entwicklung

NKP der OECD: Wenn Dialog an Grenzen stösst

Wo Menschen neben Maschinen ganz klein sind. Bild: In der zum Glencore-Konzern gehörenden Mopani-Kupfermine in Sambia werden täglich rund 4000 Tonnen Kupfererz an die Erdoberfläche gefördert.
© Meinrad Schade

Auch die Schweiz gehört zu den Staaten, welche sich den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen verpflichtet und dafür einen Nationalen Kontaktpunkt (NKP) als außergerichtlichen Beschwerdemechanismus eingerichtet hat.

Die Ausgestaltung der nationalen Kontaktpunkte variiert von Land zu Land. Erste Aufgabe eines NKP ist es, für die Verbreitung der OECD-Leitsätze zu sorgen und bei deren Verletzung durch Unternehmen als Anlaufstelle für Beschwerden zu dienen.  In der Schweiz werden die Aufgaben und Pflichten des NKP durch eine Verordnung des Bundesrats geregelt, die festhält, dass der NKP »Eingaben über mögliche Verstösse von Unternehmen gegen die OECD-Leitsätze entgegen nimmt und zwischen den Beteiligten vermittelt.» Die «Eingaben» können von Einzelpersonen oder einer Gruppe beim NKP eingereicht werden. Zuständig ist der NKP auch für Beschwerden, die die Aktivitäten einer Schweizer Firma ausserhalb der OECD-Staaten betrifft, namentlich in Entwicklungsländern. Institutionell ist der Schweizer Kontaktpunkt beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) angegliedert. Unterstützt wird er seit 2013 von einer beratenden Kommission aus 14 Mitgliedern, in der sich VertreterInnen aus der Verwaltung, der Arbeitgeber und Wirtschaftsverbände, der Gewerkschaften und NGOs – darunter Alliance Sud – sowie der Wissenschaft treffen. Die Verfahrensanleitung präzisiert, dass der NKP eine «Plattform für Dialog/Vermittlung zwischen den beteiligten Parteien anbietet, um sie so bei der Lösung des Konflikts zu unterstützen.» Springender Punkt ist, dass «die Teilnahme an diesem Dialog auf Freiwilligkeit beruht».

Mängel und Schwächen des NKP [1]

Der NKP kann keine Verletzung der OECD-Leitsätze durch ein multinationales Unternehmen festhalten; die (einzige) Aufgabe des NKP ist es, «den Dialog zwischen den Parteien zu erleichtern und ein Diskussionsforum anzubieten» und nicht die Feststellung eines möglichen Verstosses gegen die OECD-Leitsätze.

In seiner aktuellen Form, beschränkt sich der NKP also darauf, eine Dialogplattform zu sein für Parteien, die sich in einem Konflikt befinden. Die Teilnahme an diesem Dialog ist allerdings weder obligatorisch noch hat der NKP die rechtlichen Mittel, um Streitparteien zum Dialog aufzufordern oder dazu zu verpflichten. Es handelt sich also um eine Form der freiwilligen Mediation, die ganz vom guten Willen der Unternehmen abhängig ist, sich diesem Prozess zu stellen. Es liegt in der Natur der Mediation, dass sie auf einem beiderseitigen Konsens der Streitparteien basiert, sich aussergerichtlich im Dialog zu einigen. 

Die wichtigsten Schwächen in Sachen Effektivität und Wirksamkeit des NKP sind:

  • Der Schweizer NKP wird vom Seco administriert, es fehlt ihm darum an institutioneller Unabhängigkeit. Andernorts – etwa in Norwegen – ist der NKP verwaltungsunabhängig und mit vier unabhängigen ExpertInnen besetzt.
  • Die hohen Anforderungen an die Vertraulichkeit verhindern, dass die Öffentlichkeit transparent über die Arbeit des NKP informiert wird.[2]
  • Fehlende Mittel verhindern, dass Betroffene vor allem aus Entwicklungsländern – etwa durch Übernahme von Reisespesen und Übersetzungskosten – am Mediationsprozess teilnehmen können.
  • Der NKP kann in den «abschliessenden Erklärungen» keine Verletzung der OECD-Leitsätze feststellen, und entsprechend können keine klaren Massnahmen angeordnet werden, die ein Unternehmen treffen soll, um den Leitsätzen in Zukunft gerecht zu werden.
  • Das Fehlen eines Organs, das den NKP mit Weisungsbefugnis überwacht. Die beratende Kommission hat dafür ein zu vages Mandat.
  • Das Fehlen jeglicher Sanktion für Unternehmen, die sich dem NKP verweigern oder dessen Arbeit behindern. Der NKP in Kanada kann seine Unterstützung für betroffene Firmen aussetzen oder bei der Vergabe von Exportkrediten mitreden.

Wo sich NKP und Zugang zur zivilen Justiz ergänzen

Eine Plattform für Dialog und Austausch kann das Recht auf Wiedergutmachung im Falle erlittener Menschenrechtsverletzungen nicht garantieren, so wie es der dritte Pfeiler der Uno-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte vorsieht. Dort heisst es, die «Staaten sollten als Teil eines umfassenden, staatlich getragenen Systems der Abhilfe bei mit Unternehmen zusammenhängenden Menschenrechtsverletzungen neben gerichtlichen Mechanismen wirksame und geeignete aussergerichtliche Beschwerdemechanismen bereitstellen.» (UNGP, 27). Diese Komplementarität streicht auch die Empfehlung des Ministerkomitees des Europarats [CM/Rec(2016)3] heraus, die in ihrem Kapitel über die zivile Verantwortung bei Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen verlangt, dass die Mitgliedstaaten die notwendigen Mittel ergreifen müssen um sicherzustellen, dass Verletzungen von Menschenrechten durch Unternehmen zivilrechtlich verfolgt werden können (§32). Es schlägt vor, Zivilklagen gegen Tochterfirmen von Unternehmen zuzulassen, die ihren Sitz innerhalb der Gerichtsbarkeit des Mitgliedstaates haben, auch wenn diese Töchter ihr Geschäft in Drittstaaten betreiben (§ 35).

In diesem Bereich unterstreicht selbst der Bundesrat in seinem Nationalen Aktionsplan für die Umsetzung der Uno-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte vom Dezember 2016 die Bedeutung effizienter nationaler Jurisdiktion um Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen zu sanktionieren bzw. für Wiedergutmachung zu sorgen.

Der Mechanismus bei «möglichen Verstössen» wie ihn der Schweizer NKP vorsieht beschränkt sich auf einen freiwilligen Mediationsprozess. Für den Fall, dass die OECD-Leitsätze verletzt werden, sieht er keine Sanktionsmöglichkeit vor, die eine wirksame Einklagbarkeit von Vergehen vor Gericht ersetzen würde. Nur dies böte die Möglichkeit, Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen festzustellen und diese zu einer echten Wiedergutmachung zu verpflichten, wie es die Konzernverantwortungsinitiative zum Schutz von Mensch und Umwelt vorsieht.

 

[1] 2015 hat OECD-Watch eine detaillierte vergleichende Analyse zum Funktionieren, zu den Mängeln und Schwächen der verschiedenen NKP vorgelegt. Die Untersuchung von 250 zwischen 2001 und 2015 eingebrachten Klagen hat gezeigt, das nur in einem (!) Prozent der Fälle die Bedingungen für Opfer von Menschenrechtsverletzungen direkt verbessert wurden und keine einzige Klage zu einer Wiedergutmachung für die erlittenen Schäden geführt hat. Siehe Remedy Remains Rare : An analysis of 15 years of NCP cases and their contribution to improve access to remedy for victims of corporate misconduct. OECD Watch, 2015

[2] Während des Mediationsprozesses bleiben die Aktivitäten des NKP vertraulich. Die involvierten Parteien dürfen keine Information öffentlich machen (NKP Verfahrensanleitung, Punkt 3.5.). In Norwegen dagegen sind alle Informationen zu laufenden Prozessen zugänglich, so wie es der Norwegian Freedom of Information Act vorsieht.

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Die Alliance Sud-Zeitschrift zu Nord/Süd-Fragen analysiert und kommentiert die Schweizer Aussen- und Entwicklungspolitik. «global» erscheint viermal jährlich und kann kostenlos abonniert werden.

Medienmitteilung der Koalition für Konzernverantwortung

Engagement für Konzernverantwortung geht weiter

16.06.2021, Konzernverantwortung

In wenigen Wochen haben sich tausende Einzelpersonen dazu bereit erklärt, die politische Arbeit für ein Konzernverantwortungsgesetz in der Schweiz weiterhin finanziell zu unterstützen. Nachdem immer mehr Staaten in Europa – zuletzt letzte Woche Deutschland und Norwegen - ihre Konzerne dazu verpflichten, die Menschenrechte einzuhalten, muss jetzt auch die Schweiz nachziehen.

Engagement für Konzernverantwortung geht weiter

© Verein Konzernverantwortung Glencore-Mine in Kolumbien.

Mitte März beschloss der Verein Konzernverantwortungsinitiative in einem Grundsatzentscheid, sich weiterhin für ein griffiges Konzernverantwortungsgesetz in der Schweiz einzusetzen. Nach erfolgreichem Crowdfunding hat der Verein seine Transformationsphase gestern beendet und den Grundstein für die Weiterarbeit gelegt. So wurden die Statuten angepasst, der Name in «Verein Konzernverantwortung» geändert und der Vorstand neu bestellt. Dieser besteht zur Hälfte aus Vertreter:innen von Mitgliedorganisationen und zur Hälfte aus unabhängigen Persönlichkeiten, die verschiedene Bereiche der Zivilgesellschaft abdecken:

Chantal Peyer (Brot für alle), Laurent Matile (Alliance Sud), Sylvia Valentin (terre des hommes schweiz) und Annina Aeberli (Bruno Manser Fonds) als Vertreter:innen der Mitgliedorganisationen sowie der alt Ständerat Dick Marty, der Alt Nationalrat Dominique de Buman, die Kommunikationsexpertin Isabelle Bamert und der Unternehmer Dietrich Pestalozzi als Vertreter:innen der Zivilgesellschaft.

Grosser Handlungsbedarf

«Es ist gewissermassen paradox», sagt Dick Marty. «Obwohl eine Mehrheit der Bevölkerung in der Schweiz sich für die Konzernverantwortungsinitiative ausgesprochen hat und obwohl die Länder in Europa reihenweise Gesetze einführen, um die Konzerne zur Respektierung der Menschenrechte zu verpflichten, folgt der Bundesrat weiterhin blind den Konzerninteressen.» Marty spricht damit die bundesrätliche Verordnung zum Gegenvorschlag an, zu der sich der Verein Konzernverantwortung in Kürze vernehmen lassen wird.

«Es ist inakzeptabel, dass Konzerne wie Glencore von der Schweiz aus weiterhin ohne Konsequenzen Menschen vertreiben oder ganze Landstriche vergiften können», kommentiert Sylvia Valentin. «Dank der enormen Unterstützung aus der Bevölkerung können wir auch nach der Abstimmung den Druck auf die Politik aufrecht erhalten.»

Hier geht es zu den Zielen des neuen Vereins Konzernverantwortung: https://konzern-initiative.ch/ziele/

Medienmitteilung

Konzernverantwortung: wirkungslose Verordnung

01.07.2021, Konzernverantwortung

40 Organisationen reichen diese Tage ihre Stellungnahmen zur Verordnung über den indirekten Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative ein. Gemeinsam kritisieren sie den Vorschlag des Bundesrates als wirkungslos. Der Geltungsbereich des bereits vielfach kritisierten Gegenvorschlags wird in der Verordnung dermassen eingeschränkt, dass das schwache Gesetz endgültig zur Farce verkommt.

Konzernverantwortung: wirkungslose Verordnung

© Konzernverantwortungsinitiative

2019 griff der Bundesrat zu einem ungewöhnlichen Manöver: In einer kurzfristigen Aktion lancierte die zuständige Justizministerin mitten in der bereits seit 2 Jahren laufenden parlamentarischen Debatte zur Konzernverantwortungsinitiative einen verspäteten Gegenvorschlag. Das Ziel war, einen griffigen Kompromiss im Parlament zu verhindern und der Bevölkerung vorzugaukeln, die Initiative brauche es nicht.

Rahel Ruch, Geschäftsleiterin der Koalition für Konzernverantwortung, kritisiert im Namen von 40 Organisationen: «Der Bundesrat plant derart exzessive Ausnahmeregelungen und Einschränkungen, dass praktisch kein Unternehmen mehr die Sorgfaltspflichten in den Bereichen Kinderarbeit und Konfliktmineralien erfüllen muss. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Stimmberechtigten, welche die Konzernverantwortungsinitiative mehrheitlich angenommen haben.»

Folgende Punkte sind aus Sicht der unterzeichnenden Organisationen besonders problematisch:

Konfliktmineralien: Dubiose Kleinsthändler werden belohnt

  1. Im Bereich Konfliktmineralien sieht die Verordnung viel zu hohe Schwellenwerte vor. Damit wird ein relevanter Teil der in die Schweiz importierten Konfliktmineralien nicht unter die Sorgfaltsprüfungspflicht fallen. Oliver Classen von Public Eye konstatiert: «Dubiose Kleinsthändler werden vom Bundesrat belohnt, obwohl sie z.B. bei der Goldeinfuhr ein grosses Problem darstellen.»
  2. Gleichzeitig werden Unternehmen, die mit rezyklierten Metallen handeln, a priori ausgenommen. Dies, obwohl dazu gar keine gesetzliche Grundlage besteht. «Mit dieser Einschränkung fördert der Bundesrat Umgehungs-Tricks, die heute schon gang und gäbe sind, um Gold von zweifelhafter Herkunft einzuführen.» kommentiert Classen.

Kinderarbeit: Anleitung zum Wegschauen

Im Bereich Kinderarbeit können sich noch mehr Unternehmen aus der Verantwortung befreien:

  1. KMU werden vom Bundesrat ungeachtet ihrer Risiken komplett ausgenommen. Von dem versprochenen, risikobasierten Ansatz kann keine Rede mehr sein – obwohl die Gesetzgebung dies vorsieht.
  2. Weiter werden Grossunternehmen ausgenommen, wenn die Endfertigung ihrer Produkte in einem Land ohne grössere Risiken für Kinderarbeit geschieht. Vertreibt ein Schweizer Konzern einen Schuh «Made in Germany» (nur Endmontage in Deutschland), muss er keine Sorgfaltsprüfungspflicht erfüllen, obwohl die Bestandteile des Schuhs in einem Drittstaat mit Kinderarbeit produziert sein können. Damit werden Sinn und Zweck der Bestimmung völlig ausgehebelt.
  3. Hat sich ein Grossunternehmen bis dahin noch nicht aus der Sorgfaltspflicht in Bezug auf Kinderarbeit befreien können, sieht die Verordnung noch eine dritte Möglichkeit vor: Wenn kein «begründeter Verdacht» auf Kinderarbeit in Bezug auf ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung besteht, muss auch keine Sorgfaltsprüfung durchgeführt werden. Das ist ein klassischer Fehlanreiz: Unternehmen, welche die Augen vor möglicher Kinderarbeit in ihrer Lieferkette verschliessen, werden darin bestärkt. Nur wer hinschaut, ist dem Gesetz unterstellt – und das sind klassischerweise jene wenigen Unternehmen, die bereits freiwillig gegen Kinderarbeit vorgehen.

International abgehängt

Gegner der Konzernverantwortungsinitiative wurden nicht müde, zu behaupten, dass der Gegenvorschlag international besser abgestimmt sei. Fakt ist: Das ganze Gesetz mit seinen massiven Konstruktionsfehlern, angefangen bei der willkürlichen Beschränkung auf wenige Themen und bis hin zum kompletten Verzicht auf Kontrollen und Sanktionen ist im internationalen Vergleich rückständig und überholt. Der Richtlinien-Entwurf des EU-Parlaments, das deutsche Lieferkettengesetz, das französische Loi de Vigilance, das neue norwegische Gesetz und die konkreten Projekte aus Belgien und den Niederlanden gehen alle viel weiter und sehen behördliche Kontrolle, Haftung oder sogar strafrechtliche Sanktionen vor. «Die Schweiz hinkt hinterher und zementiert die Straflosigkeit für jene Konzerne, welche Menschenrechte oder Umwelt verletzen.» hält Danièle Gosteli Hauser von Amnesty International Schweiz fest.

Die unterzeichnenden Organisationen fordern den Bundesrat auf, die Verordnung nachzubessern und haben konkrete Anträge eingereicht. Doch darüber hinaus ist für sie klar, dass auch die beste Verordnung aus dem Alibi-Gesetz keine international anschlussfähige Regelung macht. Deshalb wird sich die Koalition hinter der Konzernverantwortungsinitiative weiterhin für ein griffiges Gesetz einsetzen, das Konzerne wirklich in die Verantwortung nimmt.

Die ausführliche Vernehmlassungsantwort der Koalition für Konzernverantwortung finden Sie hier: https://konzern-initiative.ch/wp-content/uploads/2021/06/2021_vernehmlassungsantwort-vsotr_kvi-koalition_de_def.pdf

 

Folgende Organisationen tragen diese Medienmitteilung mit:
Alliance Sud
Amnesty International Schweiz
Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien
Associazione consumatrici e consumatori della Svizzera italiana
Brot für alle
Brücke - Le Pont
Bruno Manser Fonds
Campax
Demokratische JuristInnen Schweiz
EcoSolidar
Evangelische Frauen Schweiz
Fastenopfer
Fédération romande des consommateurs
FIAN Schweiz
Gebana
Gesellschaft für bedrohte Völker
Greenpeace
GSoA
Guatemalanetz Bern
Helvetas Swiss Intercooperation
humanrights.ch
Justitia et Pax
medico international schweiz
OeME-Kommission der Evangelisch-reformierten Gesamtkirchgemeinde Bern
Pain pour le prochain
Pro Natura
Public Eye
Save the Children
Schweizerisch Katholischer Frauenbund
Schweizerischer Gewerkschaftsbund
Solidar Suisse
Solifonds
StopArmut 2015 / Interaction

Medienmitteilung

Petition für griffige Konzernverantwortung

20.08.2022, Konzernverantwortung

Während in den Nachbarstaaten und der EU wirksame Gesetze erlassen werden, droht die Schweiz das einzige Land ohne Konzernverantwortung zu werden. Die Koalition für Konzernverantwortung lanciert deshalb heute eine grosse Petition.

Laurent Matile
Laurent Matile

Experte für Unternehmen und Entwicklung

+41 22 901 14 81 laurent.matile@alliancesud.ch
Petition für griffige Konzernverantwortung

© Koalition für Konzernverantwortung

Medienmitteilung der Koalition für Konzernverantwortung vom 20. August 2022

Verschmutzte Flüsse, hochgiftige Minenabfälle und zerstörter Regenwald: Manche Schweizer Konzerne sind immer wieder in Menschenrechtsverletzungen oder Umweltverschmutzung verwickelt. Während in den Nachbarstaaten und der EU wirksame Gesetze dagegen erlassen werden, droht die Schweiz das einzige Land ohne Konzernverantwortung zu werden. Die Koalition für Konzernverantwortung lanciert deshalb heute eine grosse Petition für ein griffiges Gesetz und fordert den Bundesrat auf, die Versprechen aus der Abstimmungskampagne einzuhalten.

Seit der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative haben nach Frankreich (2017) auch Deutschland und Norwegen Gesetze erlassen und letzten Februar präsentierte die EU-Kommission ihren Richtlinienentwurf, der teilweise weiter geht als die Initiative – so erstreckt sich die Haftung auch auf Zulieferer  und eine Aufsichtsbehörde soll bei Verstössen hohe Bussen verhängen dürfen. Darüber hinaus müssen die Konzerne aufzeigen, wie sie den Zielen des Pariser Klimaabkommens entsprechen.

Dick Marty, alt Ständerat und Vorstandsmitglied der Koalition für Konzernverantwortung kommentiert wie folgt: «Der Bundesrat hat im Abstimmungskampf vor zwei Jahren immer und immer wieder versprochen, dass er ein «international abgestimmtes» Vorgehen möchte. Nun muss er dieses Versprechen auch einlösen und ein Konzernverantwortungsgesetz erarbeiten. Konzerne, die auf Zwangsarbeit setzen oder ganze Landstriche zerstören, sollen auch hierzulande dafür geradestehen.»

100'000 Unterschriften in 100 Tagen
Die Koalition hat sich zum Ziel gesetzt, in 100 Tagen 100'000 Unterschriften für ihre Petition zu sammeln, um ein klares Zeichen an Bundesrat und Parlament zu senden. Heute Samstag haben hunderte Freiwillige in der ganzen Schweiz rund 100 Standaktionen geplant, um Unterschriften zu sammeln. Gleichzeitig startet eine Informationskampagne mit Plakaten und Informationsvideos, um die Bevölkerung über die europäische Entwicklung zu informieren. Unterstützt wird die Petition darüber hinaus von rund 30 prominenten Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichnern: https://konzernverantwortung.ch/petition/#h-erstunterzeichner-innen

Umfrage zeigt: Bevölkerung will nicht, dass die Schweiz das einzige Land in Europa ohne Konzernverantwortungsgesetz ist
Eine neue Umfrage zeigt, dass heute 70 Prozent der Bevölkerung für ein Konzernverantwortungsgesetz stimmen würde. Über ein Drittel jener, die 2020 Nein gestimmt haben, haben angesichts der europäischen Entwicklungen ihre Meinung geändert.

Artikel, Global

Unternehmensverantwortung unter der Lupe

17.12.2015, Konzernverantwortung

Es brauche keine neuen Gesetze damit Unternehmen Menschenrechte und Umweltstandards einhalten, behaupten Wirtschaftslobbys. Studien zeigen jedoch klar die Grenzen der Selbstregulierung.

Laurent Matile
Laurent Matile

Experte für Unternehmen und Entwicklung

Unternehmensverantwortung unter der Lupe

Abbau von Nickel in Madagaskar in einem der artenreichsten Regenwälder der Erde. Der vierjährige Fidelis mit dem Setzling eines Aufforstungsprojekts.
© Robin Hammond/Panos

Der Einfluss von multinational operierenden Firmen auf Gesellschaft und Umwelt nimmt ständig zu. Umso dringender gilt es die Frage zu beantworten, welche die Uno-Leitprinzipien für Unternehmen und Menschenrechte aufwirft: Wie sollen diese Firmen reguliert werden? Dank der Kampagne «Recht ohne Grenzen» und der Konzernverantwortungsinitiative steht die Frage auch auf der politischen Agenda der Schweiz.
Als Reaktion darauf haben economiesuisse und SwissHoldings im Juni ihr Verständnis von sozialer Unternehmungsverantwortung (engl. CSR) in einem 36seitigen Papier dargelegt. Sie definieren diese als «sozial und ökologisch verantwortungsvolles Handeln der Unternehmen, das sich am Grundgedanken des nachhaltigen und zukunftsverträglichen Wirtschaftens orientiert.» Entscheidend ist die Präzisierung, dass es sich dabei um ein «freiwilliges Engagement» handle, das «von staatlicher Seite mit verschiedenen Instrumenten unterstützt werde.» Somit stünde ihre Position im Einklang mit jener der Eidgenossenschaft, die Anfang April dieses Jahres veröffentlich wurde.

Unter der Lupe wissenschaftlicher Studien

CSR ist die Antwort der Wirtschaft auf Kritik aus der Zivilgesellschaft. Deren Forderungen für eine Regulierung werden seit Jahren sowohl auf nationaler wie auf internationaler Ebene zurückgewiesen. Im Jahr 2000 hatte die Uno den Global Compact lanciert, um Unternehmen zu verantwortlichem Handeln zu ermutigen. Seither lassen sich die CSR-Initiativen – manchmal auch in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft – von Regierungen und Unternehmen kaum mehr zählen. Die Schweiz hat sich auf diesem Gebiet stark engagiert.
Das Problem ist, dass die postulierte Selbstverantwortung nicht ausreicht, um die Respektierung von Menschenrechten und Umweltstandards zu garantieren – selbst wenn diese Initiativen gut gemeint und oft auch nützlich sind. Nichtregierungsorganisationen haben zahlreiche Verletzungen dieser Rechte und Standards dokumentiert. Das grundsätzliche Ungenügen von CSR belegen dagegen mehrere jüngst publizierte wissenschaftliche Studien. Im Rahmen des IMPACT Projects haben 17 verschiedenen Universitäten, Forschungszentren und Business-Schulen aus der Europäischen Union (EU) die CSR von mehr als 5‘000 Unternehmen untersucht.  Die Studie zeigt, dass zwischen 2000 und 2010 bei Arbeitsqualität und Umweltschutz nur geringfügige Fortschritte gemacht wurden, mithin die Ziele der EU verfehlt wurden.
Richard Locke, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat seinerseits während zehn Jahren zum Thema geforscht und sich dabei auf firmeninterne Prüfungen, Recherchen vor Ort und Interviews mit Firmenvertretern namentlich im IT-Bereich, gestützt.  Er kommt zum Schluss, dass sich die Arbeitsverhältnisse in Fabriken – Überstunden, Sicherheit und Gesundheit – verschlechtert habe und dass auch die firmeninternen Überprüfungen zu keinem Lernprozess geführt hätten.
Seine Schlussfolgerungen decken sich mit jener der Royal Society for Protection of Birds (GB), die eben erschienen ist.  Ausgehend von den Ergebnissen von 161 freiwilligen CSR-Initiativen im Umweltbereich schätzen deren Experten, dass vier von fünf dieser Initiativen ihren Zweck verfehlt haben. Daraus folge, dass Selbstregulierung «keinen wirksamen Ersatz für tatsächliche Regulierungen durch die Politik darstelle.»

Mehrfach ungenügend

Die Gründe für das Ungenügen von CSR sind vielfältig. Da ist zunächst ihr freiwilliger Charakter. CSR-Regelungen legen zwar Standards guter Geschäftsführung fest, diese sind aber eben nicht verpflichtend. Gewiss gibt es Firmen, die sich ernsthaft engagieren, andere benutzen CSR vor allem aus PR-Gründen, wieder andere verzichten ganz darauf. Gemäss dem Business & Human Rights Resource Centre haben sich weltweit nur 340 Unternehmen einer Menschenrechtspolitik verschrieben. Eine verschwindend kleine Zahl verglichen mit den 80‘000 Multinationalen, die John Ruggie 2011 erfasst hat. Das Hauptproblem liegt bei jenen Profiteuren, die ihre Verantwortung vernachlässigen, mit dem Risiko, Menschenrechts- und Umweltverletzungen zu begehen und sich dadurch einen komparativen Vorteil verschaffen können.
Andere CSR-Unzulänglichkeiten betreffen den – oft unvollständigen – Inhalt der Verhaltenscodices, Lücken gibt es namentlich bei den Menschenrechten, bei der Rücksicht auf lokale Bevölkerungen und bei der Transparenz. IMPACT stellt fest, dass die gängige CSR zuerst nach den Auswirkungen von guter Geschäftsführung auf die Firmen fragt, statt in den Vordergrund zu stellen, welche Auswirkungen die Firmentätigkeit auf Mensch und Umwelt hat. Zudem fehle es oft an einer unabhängigen Überprüfung und an einer glaubwürdigen Klagemöglichkeit. Ebenso fehlt es im Allgemeinen an Sanktionen, wenn eigene CSR-Standards verletzt werden.
Schliesslich hat Lockes MIT-Studie sehr klar herausgearbeitet, dass CSR an strukturelle Grenzen stösst, eine Folge der globalisierten Produktionsketten. Einerseits geben sich die Firmen zwar aus Imagegründen einen CSR-Rahmen, andererseits sehen sie sich infolge der Konkurrenz und dem Druck aus Konsumenten und Aktionärskreisen gezwungen, ihre Lieferanten zu immer besserer Qualität bei immer tieferen Preisen und kürzeren Fristen zu nötigen. Den Preis für diese Inkonsequenz bezahlen am Schluss die Arbeitnehmenden bzw. die Natur bezahlen: Selbst bei den fortschrittlichsten Firmen beisst sich die CSR mit der Profitlogik. Das will die idealisierte Sicht der Schweizer Wirtschaftslobbys nicht wahrhaben, für sie ist CSR eine Win-win-Situation, also gut für alle, solange sie den Interessen des Business nicht zuwiderläuft.

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Interview

«Menschenrechte sind für den Bund eine Tabuzone»

03.10.2016, Konzernverantwortung

Profit machen und gleichzeitig die Menschenrechte achten – das kann, muss aber nicht zusammengehen. Es sollte aber. Immer, findet die Konzernverantwortungsinitiative. Buchautor und Ökonom Markus Mugglin im GLOBAL+-Gespräch.

«Menschenrechte sind für den Bund eine Tabuzone»

von Daniel Hitzig

Sie beschreiben, wie sich das Verhältnis zwischen Nestlé und NGOs im Lauf der letzten Jahrzehnte verändert hat. Heute ist zur Konfrontation die punktuelle Kooperation hinzugekommen. Führt das auf Seiten der NGOs nicht auch zu Konfusion?

Ich habe überhaupt nicht diesen Eindruck. Die NGOs haben gelernt, dass sich Streit und Dialog nicht ausschliessen. Bis Kooperation und Konfrontation gleichzeitig möglich wurden, brauchte es auf NGO- und auf Konzernseite einen Lernprozess. Ich habe diesen Prozess am Beispiel der Kinderarbeit auf Kakaofeldern verfolgt, er ist meines Erachtens exemplarisch. Der Druck auf Nestlé ging 2001 von NGOs in den USA aus. Der Konzern versprach Besserung, reagierte aber nur zögerlich. Eine Wende markierte 2012 das Eingeständnis in einem Film, in welchem ein Nestlé-Vertreter den dänischen Filmemacher für seinen sehr kritischen Bericht über die Situation auf den Kakaofeldern in Westafrika lobte. Seither wurde bei der Bekämpfung der Kinderarbeit einiges erreicht.

Unter den Schweizer Konzernen hatte Novartis dank ihrer von Klaus M. Leisinger präsidierten Stiftung im Diskurs über Unternehmensverantwortung jahrelang eine führende Rolle…

Leisinger konnte über Novartis hinaus in den schweizerischen Debatten Wirtschaft und Menschenrechte einiges bewegen. Jetzt fällt aber auf, dass die Menschenrechte ausgerechnet in den Novartis-Geschäftsberichten keine Erwähnung finden. «Nachhaltigkeit» wird  ohne Bezug zu den Menschenrechten thematisiert.

Zeigt das Beispiel nicht, auf welch dünner Basis die Konzerne argumentieren, wenn sie uns glauben machen wollen, ihre Corporate Social Responsability (CSR) genüge vollauf?

CSR ist ein sehr flexibles und wenig verlässliches Konzept. Das sagen inzwischen auch führende Managementtheoretiker. Es erlaubt Unternehmen jene Postulate ernst zu nehmen, die einfacher zu erfüllen sind. Werden die Menschenrechte ins Zentrum gestellt,  ist das weniger möglich. Es braucht dann Belege dafür, dass Menschenrechte respektiert  und geschützt werden sowie Instrumente zur Wiedergutmachung allfälliger Menschenrechtsverletzungen verfügbar sind. Das sind die Forderungen der UNO-Leitprinzipien. Sie sind rechtlich zwar auch nicht bindend. Das pick and choose, das die Unternehmen ja am UNO Global Compact so sehr schätzen, ist aber weniger möglich.

Der Bundesrat hat letztes Jahr einen Bericht über CSR vorgelegt. Sie konnten diesem Bericht wenig Positives abgewinnen?

Die Lektüre dieses Berichts war frustrierend.  Er ist verwirrend und hat keine rote Linie, keine erkennbare Botschaft. Bankenprofessor Urs Birchler brachte es in der NZZ auf den Punkt: «Der Bund tritt in der Debatte nicht als Staat auf, der verbindliche und klare Regeln setzt und durchsetzt, sondern als Absender diffuser Erwartungen.»  Der Staat sollte Klarheit schaffen statt mit einer unübersichtlichen Zahl von Empfehlungen Verwirrung stiften. Er sollte präzise und  möglichst unbürokratische Regulierungen zum Schutz und zur Respektierung der Menschenrechte durch Unternehmen durchsetzen.

Die Banken mussten schmerzhaft erfahren, dass unsaubere Geschäfte hohe Risiken bergen, vor allem auch für die Reputation. Welches Gewicht messen die Konzerne der Reputationsfrage bei?

Ich war überrascht von der Deutlichkeit der Aussage in einem UBS-Geschäftsbericht. Es sei schwierig, einen erlittenen Reputationsschaden wieder zu beheben. Der Erholungsprozess verlaufe langsam und die Vergehen der letzten Jahre hätten dem Ansehen der Bank und den finanziellen Ergebnissen ernstlich geschadet. Konzerne scheinen zu wissen, welch kostbares Gut die Reputation ist.

Banken reden heute viel von sustainable finance, die Zahlen sprechen aber eine andere Sprache.

Das wird in den Geschäftsberichten bestätigt. Die Beträge, welche die beiden Grossbanken als sogenannt „nachhaltig verwaltete Vermögen“ ausweisen, haben in den letzten Jahren zwar massiv zugenommen. Den Geschäftsberichten ist aber auch zu entnehmen, dass nur ein sehr kleiner Teil dieser Vermögen gemäss sozialen und ökologischen Kriterien angelegt ist.

Ein Reputationsschaden trifft auch Staaten, wo Konzerne ihren Sitz haben. Beim Rohstoff Gold versucht das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) mit der «Better Gold Initiative» Gegensteuer zu geben. Diese erfasst 500 kg, durch die Schweiz fliessen jedoch 7000 Tonnen Gold oder 70% des Welthandels. Ein fast schon lächerlich kleiner Schritt, oder nicht?

Diese Differenz ist tatsächlich eklatant. Und dies umso mehr vor dem Hintergrund, dass die Schweiz während Jahrzehnten ihre Rolle im Goldmarkt  bewusst verschwiegen hat. Noch heute ist  die Herkunft des vielen in der Schweiz verarbeiteten und gehandelten Goldes eine eigentliche Blackbox. Die Rückverfolgbarkeit, die Frage also, woher das Schweizer Gold stammt und unter welchen Umständen es gefördert wurde, liegt weitgehend im Dunkeln. Und dabei zeigt die Better Gold Initiative: Eine Zertifizierung ist so viel wert, wie transparent eine ganze Lieferkette ist.

Wie erklären Sie sich die ausgeprägte Zurückhaltung der Bundesverwaltung, wenn es um die Menschenrechts-Problematik geht?

Mein Eindruck ist, dass eine Art „politischer Korrektheit“ sehr verbreitet ist. Ich hatte diesen Eindruck auch bei der Debatte über die Nahrungsmittelspekulation. Man scheint gar nicht genau wissen zu wollen, was Sache ist. Es gibt Tabuzonen wie Wirtschaft und Menschenrechte, mit denen man sich nicht offen auseinandersetzt. Dazu kommt die Tendenz des Nachvollzugs. Man wartet,  bis die anderen – meist die EU – ihre Politik definiert haben.  Vielleicht erhofft man sich davon,  sich gewissen Diskussionen im Bereich Wirtschaft und Gesellschaft entziehen zu können. 

Unternehmen können Heerscharen von Lobbyisten engagieren, um den Prozess zu beeinflussen, wie sich Firmen in Bezug auf Menschenrechte verhalten sollen. Haben NGOs mit ihren beschränkten Mitteln dagegen überhaupt eine Chance?

Durchaus. Ich kann nur an die Debatte zur Steuergerechtigkeit erinnern. Diese wurde 2003 von einer Handvoll Experten angestossen, die das Tax Justice Network gründeten. Heute sind deren Vorschläge auf höchster Ebene in der OECD angekommen. Es gibt in der NGO-Welt sehr  viel Fachkompetenz. Ich denke etwa an die niederländischen Banktrack oder Somo, an Oxfam, aber auch an viele schweizerische NGOs. Ich frage mich vielmehr, ob es der Zivilgesellschaft gelingt, diese vielen Recherchen unter die Leute zu bringen? Natürlich wäre es  auch an den Medien, diese in die Öffentlichkeit zu tragen. Aber das ist eine andere Geschichte, die ich aus Zeitgründen bei Seite gelassen habe.

Markus Mugglin, vielen Dank für das Gespräch.

Meinung

JA zur Konzernverantwortungsinitiative!

14.07.2020, Konzernverantwortung

Am 29. November entscheiden die Schweizer Stimmberechtigen, ob Unternehmen auch im Ausland für von ihnen angerichtete Schäden geradestehen müssen.

Laurent Matile
Laurent Matile

Experte für Unternehmen und Entwicklung

JA zur Konzernverantwortungsinitiative!

Kein Land der Welt hat mehr multinationale Konzerne pro Kopf als die Schweiz. Verschiedene Unternehmen mit Sitz hierzulande oder ihre Tochterfirmen im Ausland geraten regelmässig in die Schlagzeilen wegen ihrer Verletzung von Menschenrechten oder Umweltstandards in den Ländern des Südens: Glencore lässt Bauern vertreiben, die um ihre Landrechte kämpfen, Lafarge Holcim überzieht ganze Dörfer mit gesundheitsgefährdendem Feinstaub, Schweizer Raffinerien schmelzen Gold, das aus höchst dubiosen Quellen stammt.

Die Konzernzentralen in der Schweiz sind jedoch juristisch nicht haftbar für die Geschäftspraktiken der Firmen, die unter ihrer Kontrolle stehen. Betroffene, die sich vor Ort gegen die Verletzung ihrer Rechte wehren, werden nicht selten eingeschüchtert und sind oft konfrontiert mit korrupten Untersuchungs- und Justizbehörden.

Während sich die offizielle Schweiz auf internationaler Ebene für die Weiterentwicklung der Menschenrechte und von Umweltstandards einsetzt, sträubt sie sich im eigenen Land gegen gesetzliche Massnahmen zur massvollen Regulierung von Unternehmen.

Der Bundesrat ist der Meinung, es genüge, wenn sich Unternehmen freiwillig an Menschenrechte und Umweltstandards halten und – so will es sein indirekter Gegenvorschlag – in Hochglanzbroschüren ihre diesbezüglichen Bemühungen in regelmässigen Berichten schönreden können. Nach einem politischen Seilziehen, das sich über vier Jahre hinzog, hat sich die Mehrheit des Parlaments im Sommer 2020 endgültig dieser Haltung angeschlossen.

Die Konzernverantwortungsinitiative verlangt etwas ganz und gar Selbstverständliches. Selbst GegnerInnen der Initiative räumen ein, dass deren Anliegen – der Schutz der Menschenrechte und der Umwelt – unbestritten seien. Kein Schweizer Unternehmen, das die grundlegenden Regeln des verantwortungsvollen Unternehmertums befolgt, braucht eine gesetzliche Regulierung mit Augenmass zu fürchten; die Angst vor Kosten und überbordender Bürokratie ist unbegründet.
Trotzdem wehren sich die Lobbyorganisationen SwissHoldings und Economiesuisse vehement gegen die Konzernverantwortungsinitiative. Honni soit qui mal y pense: So können nur schwarze Schafe argumentieren, die sich heute einseitig an Profitinteressen, statt an Prinzipien wie Fairness und Verantwortung orientieren.

Dass verantwortungsloses Gewinnstreben mit den berechtigten Anliegen nach sozialem (und ökologischem) Ausgleich kollidieren kann, ist altbekannt. Seit Jahrzehnten versuchen die Vereinten Nationen darum, den Bereich «Unternehmen und Menschenrechte» so zu regeln, dass legitime Interessen in ein Gleichgewicht gebracht werden können. Ein diesbezüglicher Meilenstein war die Verabschiedung der Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, welche der UN-Menschenrechtsrat 2011 einstimmig verabschiedete. Die Staaten werden darin verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Unternehmen unter ihrer Jurisdiktion die Menschenrechte einhalten. Dies soll erreicht werden mit einer Mischung aus freiwilligen Massnahmen der Unternehmen und verpflichtenden staatlichen Regeln, einem sogenannten smart mix.

Mit der Umsetzung dieser (nach ihrem Verfasser benannten) Ruggie-Prinzipien tut sich die offizielle Schweiz jedoch schwer: Im November 2011 lancierte eine Handvoll Organisationen – darunter Alliance Sud – die Petition «Recht ohne Grenzen», die von Bundesrat und Parlament verlangte, ein Gesetz auszuarbeiten, wonach Firmen, die ihren Sitz in der Schweiz haben, überall in der Welt die Menschenrechte und Umweltstandards respektieren müssen. Im Frühling 2015 unterstützte der Nationalrat knapp eine Motion, die ein Gesetz zu einer menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfungspflicht für Unternehmen zu verlangte. Auf Antrag der CVP wurde die Abstimmung wiederholt und einige Abgeordnete änderten ihre Meinung. Nach diesem Manöver des Nationalrats entschieden mehr als 60 zivilgesellschaftliche Organisationen, die Konzernverantwortungsinitiative zu lancieren. Am 10. Oktober 2016 wurde die «Volksinitiative für verantwortungsvolle Unternehmen zum Schutz von Mensch und Umwelt» mit über 120‘000 gültigen Unterschriften eingereicht.

In den folgenden vier Jahren spielte sich in National- und Ständerat bzw. deren Kommissionen ein endlos scheinendes Hin und Her ab, das an die Abzockerinitiative erinnerte: Trotz breiter Unterstützung in der Bevölkerung gelang es dem Parlament nicht, einen Gegenvorschlag zur Initiative auszuarbeiten, der es den InitiantInnen erlaubt hätte, ihr Volksbegehren zurückzuziehen.

Als entwicklungspolitische Denkfabrik spielte Alliance Sud im Ringen um eine gesetzliche Verankerung der Konzernverantwortung von Anfang eine zentrale Rolle. Ihr früherer Geschäftsführer Peter Niggli und ihr aktueller Direktor Mark Herkenrath sind Mitglieder des Initiativkomitees, Herkenrath zudem im Vorstand des Vereins, der die Initiative koordiniert.

Unterstützen Sie mit Ihrem JA zur Konzernverantwortungsinitiative am 29. November eine weltoffene, solidarische Schweiz, deren Unternehmen zu ihrer globalen Verantwortung stehen.

Folgende weitergehende Informationen finden Sie auf der Website des Initiative:


Weitere Komitees, welche die Initiative unterstützen:

Wirtschaftskomitee für verantwortungsvolle Unternehmen
Kirche für Konzernverantwortung
 

Medienmitteilung

Konzernverantwortung in der EU: und die Schweiz?

23.02.2022, Konzernverantwortung

Die EU-Kommission hat heute in Brüssel den Entwurf für ein EU-weites Konzernverantwortungsgesetz vorgestellt. Dieses verpflichtet Konzerne dazu, Menschenrechte und Umwelt zu respektieren und enthält bei Verstössen wie die Konzernverantwortungsinitiative Haftungsregeln und Sanktionen. Der Bundesrat muss jetzt sein Versprechen aus der Abstimmungskampagne halten und dafür sorgen, dass die Schweiz nicht bald das einzige Land in Europa ohne Konzernverantwortung ist.

Konzernverantwortung in der EU: und die Schweiz?

© Schmuttel / pixelio.de

Bundesrat und Konzernlobby bekämpften die Konzernverantwortungsinitiative hauptsächlich mit dem Argument, dass die Regeln international abgestimmt sein müssen. «Wenn der Bundesrat das wirklich ernst gemeint hat, muss er jetzt handeln und wie die EU ein richtiges Konzernverantwortungsgesetz vorlegen!» kommentiert Dick Marty, Vorstandsmitglied der Koalition für Konzernverantwortung. Nur so kann die Schweiz sicherstellen, dass sie gleichzeitig wie die EU ein Gesetz in Kraft setzen kann und nicht bald das einzige Land in Europa ohne Konzernverantwortung ist.

Weitgehende Haftungsregeln und Sanktionen

Die neue EU-Richtlinie gilt für EU-Konzerne ab 250 Mitarbeitende und enthält eine breite Sorgfaltsprüfungspflicht für alle Menschenrechte und für internationale Umweltstandards. Darüber hinaus müssen die Konzerne aufzeigen, wie sie den Zielen des Pariser Klimaabkommens entsprechen. Unternehmen aus Drittstaaten wie der Schweiz, die mindestens 150 Mio. Euro Umsatz im EU-Raum machen, sind ebenfalls eingeschlossen. Bezüglich der Durchsetzung ist die Regelung umfassender konzipiert als es die Konzernverantwortungsinitiative war: Erstens müssen die EU-Staaten Aufsichtsbehörden mit umsatzbezogener Bussenkompetenz einführen. Zweitens existiert neben der von der KVI geforderten Haftung für Tochterfirmen im EU-Vorschlag auch eine Haftung für Zulieferer, unter gewissen Voraussetzungen sogar für indirekte Zulieferer. Der EU-Vorschlag geht damit weiter als die Konzernverantwortungsinitiative und ist mit dem am 1. Januar 2022 in Kraft getretenen Alibi-Gegenvorschlag nicht vergleichbar. Dieser sieht nur in zwei Bereichen (Kinderarbeit, Konfliktmineralien) Sorgfaltsprüfungen vor und verzichtet komplett auf Kontrollen und Sanktionen.

Breite Unterstützung aus der Wirtschaft

Deutliche Stimmen aus der Wirtschaft hatten eine griffige EU-Richtlinie gefordert und sich explizit auch für Haftungsregeln ausgesprochen, darunter Nestlé, Danone, Epson, Ikea, Mondelez oder Ferrero. «Klare Regeln und Verantwortlichkeiten sowie gleich lange Spiesse sind für die Wirtschaft wichtig. Dies wird mit dem in Kraft getretenen Gegenvorschlag nicht erreicht. Eine Verbesserung ist deshalb unbedingt notwendig.» stellt Dietrich Pestalozzi, Unternehmer und Vorstandsmitglied fest.

Grosse Kampagne geplant

Die Koalition für Konzernverantwortung sieht Bundesrat und Parlament nun in der Verantwortung. Deshalb wird die Koalition im Sommer eine grosse Petition an den Bundesrat starten, damit dieser zügig ein griffiges Konzernverantwortungsgesetz vorlegt. Rahel Ruch, Geschäftsleiterin der Koalition präzisiert: «Wir sind entschlossen, zusammen mit den zehntausenden von Unterstützer:innen der KVI-Kampagne den Bundesrat in aller Deutlichkeit an seine Versprechen zu erinnern.»

 

Für Rückfragen stehen Ihnen zur Verfügung:
- Dick Marty, Co-Präsident des Initiativkomitees, Vorstandsmitglied Koalition für Konzernverantwortung: +4191 600 31 02
- Dietrich Pestalozzi, Unternehmer, Initiant Wirtschaftskomitee, Vorstandsmitglied Koalition für Konzernverantwortung: +4179 329 31 61
- Rahel Ruch, Geschäftsleiterin der Koalition für Konzernverantwortung: +4176 517 02 08