Meinung

Die Lösung wächst nicht im Reisfeld

06.12.2022, Klimagerechtigkeit

Die Schweiz setzt mit Ghana das weltweit erste ausländische Klimaschutzprojekt unter dem Pariser Klimavertrag von 2015 um. Doch dieses schiesst am Ziel vorbei.

Andreas Missbach
Andreas Missbach

Geschäftsleiter

Die Lösung wächst nicht im Reisfeld

© Dr. Stephan Barth / pixelio.de

Der Klimazirkus auf dem afrikanischen Kontinent hat seine Zelte wieder abgebrochen. Zwar gibt es jetzt endlich einen Fonds für Loss & Damage (Schäden & Verluste). Wie er ausgestaltet und vor allem wie er gefüllt werden soll, ist aber noch völlig offen. Insgesamt bleibt als Fazit der COP 27: «Gut, dass wir darüber geredet haben», also reden wir über etwas anderes.

Gleich zu Beginn der Konferenz, hat die «New York Times» der Schweiz mit einem kritischen Artikel über deren Ausland-Kompensationen die Suppe versalzen. Fünf Tage später wurde nämlich das erste Projekt vorgestellt, das im Rahmen eines bilateralen Klimaschutzabkommens zwischen Ghana und der Schweiz durchgeführt wird. Um die Emissionen der Bundesverwaltung zu kompensieren, sollen Reisbauern in Westafrika ihre Felder nicht mehr permanent fluten. Damit sollen die Methan-Emissionen reduziert werden. Dieses vom UNO-Entwicklungsprogramm durchgeführte Projekt mag durchaus sinnvoll sein, es zielt aber an den wichtigsten Herausforderungen zur Reduktion von Treibhausgasen in Afrika vorbei.

600 Millionen Menschen in Afrika sind ohne elektrische Energie und zwei Drittel des Stroms werden heute mit fossilen Brennstoffen produziert. Doch dezentrale, verlässliche und CO2-freie Elektrifizierung ist möglich: Wenn schon, dann sollte das Geld des Ablasshandels mit Emissionszertifikaten dafür verwendet werden.

Die UNO-Organisation für Handel und Entwicklung hat vor der Klimakonferenz auf eine noch viel grössere Herausforderung hingewiesen: Ein Fünftel der Länder in Sub-Sahara Afrika ist von Erdölexporten abhängig. Andere Länder könnten ebenfalls fossile Lagerstätten ausbeuten. Die Demokratische Republik Kongo etwa versteigert gerade neue Konzessionen; und so lange die USA Erdgas und Australien Kohle fördern, fehlt dem Norden jegliche Legitimität, dem bitterarmen Land Verzicht zu predigen. «Leave it in the ground» hat einen Preis und den kann nicht Afrika stemmen.

Gigantische Summen sind zudem nötig, damit die heutigen Exporteure auf ihre Haupteinnahmequelle verzichten können. Umso wichtiger wäre es, die verbleibenden Öleinnahmen für diese Transition zu verwenden, doch bisher haben Korruption, Veruntreuung und Misswirtschaft dazu geführt, dass ein grosser Teil davon verschwendet wurde. Hier steht die Schweiz in der Verantwortung, wie Anfang November einmal mehr ein Gerichtsurteil gezeigt hat: Glencore-Mitarbeiter flogen mit Koffern voll Bargeld kreuz und quer durch Afrika, um an Öl zum Schnäppchenpreis zu kommen. Es braucht eine Regulierung des Rohstoffhandels, um diese Mitverantwortung der Schweiz am Rohstoff-Fluch zu stoppen. Damit könnte Bundesbern Afrika sehr, sehr viel mehr Mittel zur Verfügung stellen als durch den Kauf von Emissionszertifikaten aus Reisfeldern.