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«Gutschweizerischer Kompromiss» wäre fatal

26.03.2018, Agenda 2030

Die Schweizer Bundesverwaltung ist sich uneins, wer die Federführung für die Umsetzung der Agenda 2030 in und durch die Schweiz übernehmen soll. Es braucht dringend eine hochrangige, direkt dem Bundesrat unterstellte Person.

«Gutschweizerischer Kompromiss» wäre fatal

Mark Herkenrath, Geschäftsleiter Alliance Sud.
© Daniel Rihs/Alliance Sud

Die Welt auf gerechten und ökologisch nachhaltigen Kurs bringen. Mit dieser ambitiösen Absicht unterschrieb die internationale Gemeinschaft im September 2015 einen gemeinsamen Plan — die Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen für die globale nachhaltige Entwicklung. Sie strebt bis 2030 eine ökologisch und sozial nachhaltige Welt in Frieden, Stabilität, Sicherheit und Wohlstand an.

Die Schweiz hat massgeblich zum erfolgreichen Verhandlungsabschluss beigetragen. Als kleines, global stark vernetztes Land hat sie ein grosses Interesse an einem stabilen und nachhaltigen globalen Umfeld. Eine Welt in Wohlstand und Frieden entspricht nicht nur unserer humanitären Tradition, sondern kommt auch den international tätigen Schweizer Unternehmen entgegen. Allerdings mehren sich die Zeichen, dass die Spitzen der Schweizer Bundesverwaltung der Umsetzung der Agenda 2030 nicht das politische Gewicht geben wollen, das sie eigentlich haben müsste.

Im Juli dieses Jahres wird die Schweiz anlässlich des Hochrangigen Politischen Forums für Nachhaltige Entwicklung (High-Level Political Forum, HLPF) bei der UNO in New York über ihre bisherigen Fortschritte auf dem Weg zur Agenda 2030 berichten. Der Bundesrat muss bis dahin entschieden haben, wer in der schweizerischen Bundesverwaltung die Gesamtverantwortung für die Umsetzung der Agenda 2030 in der Schweizer Innen- und Aussenpolitik haben soll. Mit einer hochrangigen Verankerung — etwa bei einem direkt dem Bundesrat unterstellten Delegierten — könnte die Schweiz ein wichtiges Zeichen setzen, dass sie international in Sachen nachhaltige Entwicklung eine führende Position einnehmen will.

Andere Länder gehen bereits mit gutem Beispiel voran. Sie haben die Zuständigkeit für die Agenda 2030 dem Kanzleramt, einem Minister oder einem Delegierten der Regierung zugewiesen — einer Stelle also, die direkt mit der Regierung verbunden ist und Ämter aus verschiedenen Ministerien zur Rechenschaft ziehen kann. Das ist deshalb wichtig, weil die Agenda 2030 sämtliche Bereiche der Politik eines Landes betrifft und ihre Umsetzung ein koordiniertes Vorgehen über alle Ämter hinweg verlangt.

In der Schweizer Bundesverwaltung hingegen besteht Uneinigkeit darüber, welche Instanz die Federführung für die Agenda 2030 übernehmen soll. Die Vorstellung, es könnte ihnen eine übergeordnete Koordination vor die Nase gesetzt werden, ärgert Spitzenfunktionäre einzelner Ämter gehörig. Es besteht deshalb die Gefahr, dass strategische Entscheidungen zur Agenda 2030 einer Ämterkonferenz der Direktorinnen und Direktoren zugewiesen werden könnten. Praktische Koordinationsaufgaben würde eine gemischte Arbeitsgruppe verschiedener Departemente übernehmen.

Mit einem solchen «gutschweizerischen Kompromiss» wären letztlich alle Bundesämter ein bisschen für die Agenda 2030 zuständig — aber niemand trüge wirklich Verantwortung. Den Kantonen, aber auch den zivilgesellschaftlichen Organisationen und allen Unternehmen, die sich partnerschaftlich an der Umsetzung der Agenda  2030 beteiligen möchten, würde eine klar definierte Ansprechperson fehlen. Sie wünschen sich eine hochrangige Verankerung der Agenda 2030 mit klaren Kompetenzen. Dem Bundesrat bleibt nicht mehr viel Zeit, um eine vernünftige Lösung zu finden.

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