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Medienmitteilung
Bundesrat lässt die Entwicklungszusammenarbeit ausbluten
14.02.2024, Entwicklungsfinanzierung
Der Bundesrat hat heute die Eckwerte zum Budget 2025 präsentiert. Vorgesehen ist darin auch die Kürzung bei der internationalen Zusammenarbeit (IZA) um 1.4%. Noch vergangenes Jahr hatte er mit der Botschaft über die IZA 25 - 28 eine Erhöhung um 2,5% vorgesehen, um damit den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren. Der Bundesrat hat nur einen Ausweg aus dem Schlamassel: Er muss die Vernehmlassung zur IZA-Botschaft ernst nehmen und den Wiederaufbau ausserordentlich finanzieren.

Die vom Bundesrat vorgesehenen IZA-Kürzungen missachten eine Mehrheit der Vernehmlassungsantworten und gehen auf Kosten des Globalen Südens.
© Parlamentsdienste 3003 Bern
Bereits die in der IZA-Botschaft reservierten 1,5 Milliarden Franken für die Ukraine sind eine dramatische Verschiebung auf Kosten der ärmsten Länder. Das vorgesehene Wachstum würde nämlich nur 650 Millionen Franken bringen, der Rest müsste im Süden gekürzt werden. Mit einer Kürzung statt einer Erhöhung 2025 wird der Kahlschlag vollständig. In 75% der Vernehmlassungsantworten zur IZA-Strategie (IZA) 25-28 wurde gefordert, dass die Ukraine-Hilfe nicht zulasten anderer IZA-Regionen und Schwerpunkte, wie etwa Subsahara-Afrika oder dem Mittleren Osten, gehen darf. Wenn der Bundesrat mit der Kürzung im Budget 25 seinen eigenen Plan noch verschlimmert, missachtet er die Vernehmlassung erst recht.
Ausserordentlichkeit statt unötiger Rechtsbeugung
Es gibt eine Lösung, die auch die Finanzkommission des Nationalrats (FK-N) präferiert, nämlich die Schaffung eines Fonds für den Wiederaufbau der Ukraine, der ausserordentlich und nicht zu Lasten des ordentlichen Budgets der internationalen Zusammenarbeit verbucht wird. Der russische Angriff auf die Ukraine markiert eine «Zeitenwende». Er stellt zweifellos eine besondere, vom Bund nicht steuerbare Entwicklung gemäss Finanzhaushaltsgesetz dar, was der Bundesrat anerkennt, da er die Unterbringung der Schutzsuchenden aus der Ukraine ausserordentlich verbucht. Der Bund hat dafür sehr wohl finanziellen Spielraum, wie das beiliegende Faktenblatt von Alliance Sud zeigt.
Die Finanzierung des Wiederaufbaus der Ukraine aus den Geldern der internationalen Zusammen-arbeit widerspricht hingegen dem «Bundesgesetz über die internationale Entwicklungszusammen-arbeit und humanitäre Hilfe». Dieses sieht vor, dass die Entwicklungszusammenarbeit «in erster Linie die ärmeren Entwicklungsländer, Regionen und Bevölkerungsgruppen» unterstützt. Der Wiederaufbau eines europäischen Landes ist nicht vorgesehen und daher wohl nicht gesetzeskonform. Bis 2024 gab es denn auch das «Ostgesetz» für die Unterstützung von Ländern der ehemaligen Sowjetunion; dieses Gesetz läuft aber dieses Jahr aus und deshalb fehlt die Grundlage für die Finanzierung des Wiederaufbaus der Ukraine aus dem regulären IZA-Budget.
«In der Polykrise darf nicht bei den Ärmsten gespart werden. Der Wiederaufbau der Ukraine muss ausserordentlich finanziert werden. Die reiche Schweiz hat dafür genügend finanziellen Spielraum. Dies ist auch im Interesse der Sicherheit der Schweiz», sagt Andreas Missbach, Geschäftsleiter von Alliance Sud. Deshalb lancierte eine breite Allianz zivilgesellschaftlicher Organisationen und Persönlichkeiten aus Kultur und Wissenschaft eine Kampagne für eine starke Entwicklungszusammenarbeit.
Weitere Informationen:
Andreas Missbach, Geschäftsleiter Alliance Sud, Tel. 031 390 93 30, andreas.missbach@alliancesud.ch
Medienmitteilung
Sparen bei jeder unmöglichen Gelegenheit
23.08.2016, Entwicklungsfinanzierung
Neuer Angriff auf die Entwicklungszusammenarbeit – durch die Hintertür. Denn zum konkreten Verpflichtungskredit hatte sich die Finanzkommission des Ständerats nicht geäussert.

© Kurt Michel/pixelio.de
Die Finanzkommission des Ständerats will bei der Entwicklungszusammenarbeit massiv kürzen – durch die Hintertür. Denn zum konkreten Verpflichtungskredit für die internationale Zusammenarbeit hatte sie sich nicht geäussert.
Der Bundesrat will mit seinem Stabilisierungsprogramm 2017-2019 den Staatshaushalt mit der Schuldenbremse in Einklang bringen. Gegenüber der bisherigen Planung reduziert es die Ausgaben um jährlich 800 Millionen bis 1 Milliarde Franken. Die internationale Zusammenarbeit trägt dabei mit einem Anteil von rund 25% die Hauptlast der Sparmassnahmen. Die Finanzkommission des Ständerats (FK-S) teilte heute mit, dass sie im Stabilisierungsprogramm zusätzlich 100 Millionen Franken pro Jahr bei der internationalen Zusammenarbeit streichen will.
Alliance Sud, die entwicklungspolitische Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Hilfswerke, ist befremdet, dass die FK-S über die Hintertür die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit kürzen will. Zur Botschaft über die internationale Zusammenarbeit von 2017-2020 hatte sich die FK-S nicht geäussert. Dabei enthält diese die konkreten Zahlungsrahmen, die von einer allfälligen weitergehenden Kürzung im Stabilisierungsprogramm betroffen wären. Gemäss Parlamentsgesetz muss die Finanzkommission zum Mitbericht von Verpflichtungskrediten eingeladen werden, wollte aber offenbar nicht davon Gebrauch machen.
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Vernunft statt Sparwahn
02.06.2016, Entwicklungsfinanzierung
Der Nationalrat verzichtet auf allzu drastische Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit. Anträge zur Zweckentfremdung der Entwicklungshilfe fanden in der Abstimmung keine Mehrheit.

© Christoph Gödan/Keystone
von Mark Herkenrath, ehemaliger Geschäftsleiter Alliance Sud
Der Nationalrat verzichtet auf allzu drastische Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit. Trotzdem werden die Entwicklungsausgaben der Schweiz von knapp über 0.5% des Nationaleinkommens auf 0.48% sinken. Anträge zur Zweckentfremdung der Entwicklungshilfe für asylpolitische Belange fanden in der heutigen Abstimmung keine Mehrheit.
Der Nationalrat behandelte heute als Erstrat die Botschaft und die Rahmenkredite für die internationale Zusammenarbeit der Schweiz von 2017-2020. Es standen verschiedene Anträge zur Erhöhung, aber auch zur Senkung der Entwicklungsausgaben zur Diskussion. Aus Sicht von Alliance Sud, der entwicklungspolitischen Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Hilfswerke, setzte sich am Schluss die Vernunft durch. Die drastischen Kürzungsvorschläge der SVP und der FDP hätten dazu geführt, dass zahlreiche erfolgreiche Schweizer Entwicklungsprojekte weggespart worden wären.
Bedauerlich ist, dass sich der Nationalrat nicht dazu durchringen konnte, weiterhin 0.5% des Bruttonationaleinkommens (BNE) in die internationale Zusammenarbeit zu investieren. Stattdessen folgt er nun dem Vorschlag des Bundesrates, ärmere Länder und ihre Bevölkerungen zukünftig nur noch mit 0.48% des BNE zu unterstützen. In verschiedenen internationalen Konferenzen hat die Schweiz mehrfach versprochen, dafür in Zukunft sogar 0.7% einzusetzen. Das wäre auch im Sinne der Schweizer Bürgerinnen und Bürger: In den letzten Wochen haben über 36‘000 Personen einen entsprechenden Aufruf (Weckruf gegen Hunger und Armut) von über 75 Organisationen unterzeichnet.
Zur Diskussion standen heute im Nationalrat auch verschiedene Rückweisungsanträge. Sie waren chancenlos, denn sie hätten bedeutet, dass der Bundesrat innert kürzester Zeit eine grundlegend neue Strategie für die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit entwerfen müsste. Nur knapp abgelehnt wurde aber ein Antrag, der Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe auf Länder beschränken wollte, die mit der Schweiz Migrationspartnerschaften und Rückführungsabkommen abschliessen wollen. Stattdessen sprach sich der Rat für einen Passus aus, wonach die Entwicklungszusammenarbeit immer dort wo dies möglich ist, auch migrationspolitische Anliegen berücksichtigen soll.
Tatsächlich trägt die Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz bereits heute dazu bei, in ärmeren Ländern und Konfliktgebieten neue Lebensperspektiven zu schaffen. Damit hilft sie auch, den Migrationsdruck in diesen Ländern zu lindern und Jugendliche vom Abgleiten in die Gewalt zu bewahren. Gute Entwicklungszusammenarbeit darf aber nicht als politisches Druckmittel eingesetzt werden, um migrationspolitische Gegenforderungen durchzusetzen. Alliance Sud begrüsst darum den Verzicht des Nationalrates auf eine solche Zweckentfremdung.
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Schweizer EZA: Zwischenhoch vor dem Absturz?
13.04.2016, Entwicklungsfinanzierung
Die Schweiz hat 2015 die Zielvorgabe des Parlaments erfüllt, 0.5% ihrer Wirtschaftsleistung für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Doch tatsächlich stehen alle Zeichen auf Abbau.

© Christian Bopst/Heks
Die Schweiz hat 2015 die Zielvorgabe des Parlaments erfüllt, 0.5% ihrer Wirtschaftsleistung für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. In der aktuellen Finanzplanung will sich der Bundesrat jedoch nicht mehr daran halten. Die Finanzkommission des Nationalrats fordert sogar noch weitergehende Kürzungen. Über 45 Schweizer NGOs erinnern mit ihrem «Weckruf gegen Hunger und Armut» daran, dass sich der Bundesrat für die international vereinbarte Quote von 0.7% ausgesprochen hat.
2015 hat die Schweiz 0.52% ihres Bruttonationaleinkommens (BNE) für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (aide publique au développement APD) aufgewendet. Sie erfüllte damit die Zielvorgabe des Parlaments aus dem Jahr 2008, die APD-Quote bis 2015 auf 0.5% des BNE zu steigern. Das verlangsamte Wirtschaftswachstum in der Schweiz nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses führt dazu, dass die Zielvorgabe nun sogar überschritten wurde. Die ursprüngliche Finanzplanung ging noch von einem wesentlich höheren Wirtschaftswachstum aus.
In der Botschaft über die internationale Zusammenarbeit 2017-2020 plant der Bundesrat einen Rückgang der APD-Quote auf 0.48% des BNE. Die Finanzkommission des Nationalrats will noch massiver sparen und schlägt vor, die Quote gar auf 0.4% zu senken. Die Folgen der damit einhergehenden Kürzungen wären fatal. Konkret müsste die Schweiz über ein Viertel ihrer Entwicklungsprojekte einstellen.
Auch im vergangenen Jahr liess sich die Schweiz Kosten für Asylsuchende als APD anrechnen. Dieser Anteil an der APD blieb mit 13.4% gegenüber 2014 (14%) praktisch konstant. Die Schweiz ist damit weiterhin die grösste Empfängerin ihrer eigenen Entwicklungsgelder. Kosten für die Unterbringung von Asylsuchenden sowie die Deckung ihrer Grundbedürfnisse weisen jedoch keinen direkten Entwicklungsnutzen auf, moniert Alliance Sud, die entwicklungspolitische Organisation der Schweizer Hilfswerke.
Über 45 Schweizer Organisationen aus dem Entwicklungs-, Menschenrechts- und Umweltbereich haben vor zwei Wochen den «Weckruf gegen Hunger und Armut» lanciert. Darin werden Bundesrat und Parlament aufgefordert, nicht auf halben Weg stehen zu bleiben, erfolgreiche Entwicklungsarbeit fortzuführen und frühere Versprechen einzuhalten, 0.7% des Nationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit einzusetzen. Bis heute haben über 20‘000 den Weckruf unterzeichnet.
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IZA-Botschaft 2017-2020: Sparen am falschen Ort
17.02.2016, Entwicklungsfinanzierung
Der Bundesrat setzt bei der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit kräftig den Rotstift an. Alliance Sud kritisiert, dass in angespannter Weltlage bei der Prävention von Fluchtursachen gespart werden soll.

© Kurt Michel/pixelio.de
von Mark Herkenrath, ehemaliger Geschäftsleiter Alliance Sud
Der Bundesrat setzt in der Botschaft über die internationale Zusammenarbeit 2017-2020 bei der langfristigen, bilateralen Entwicklungszusammenarbeit kräftig den Rotstift an. Das selbst gesteckte Ziel, 0.7% des Nationaleinkommens für Entwicklungshilfe auszugeben, rückt in weite Ferne. Alliance Sud kritisiert, dass in angespannter Weltlage bei der Prävention von Not, Konflikten und anderen Fluchtursachen gespart werden soll.
Bereits für 2016 hat der Bundesrat das Budget der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) um mehr als 115 Mio. Franken gekürzt, jetzt setzt er in der Botschaft über internationale Zusammenarbeit 2017-2020 erneut kräftig den Rotstift an. Damit missachtet er den Beschluss des Parlaments, 0.5% des Bruttonationaleinkommens (BNE) für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit einzusetzen. Und: International hat die Schweiz mehrmals bekräftigt, das Ziel von 0.7% des BNE für die Entwicklungszusammenarbeit anzustreben. Mit der heute vorgelegten Botschaft wird diese Quote bis 2020 nur noch 0.48% betragen.
Die Kürzungen betreffen nicht alle in der Botschaft zusammen gefassten Rahmenkredite in gleichem Mass. So werden die Rahmenkredite für die humanitäre Hilfe und die wirtschaftliche Zusammenarbeit des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) 2017 den Stand von 2015 übertreffen. Angesichts der multiplen Krisen und globalen Herausforderungen ist der Bedarf an humanitärer Krisenhilfe unbestritten. Bei der langfristigen, bilateralen Entwicklungszusammenarbeit will der Bundesrat jedoch massiv sparen. Hier wird bis 2020 der Stand von 2015 nicht wieder erreicht werden. Alliance Sud kritisiert dies als schweren Fehler, denn nur die langfristige Entwicklungszusammenarbeit bekämpft die strukturellen Ursachen von Armut und Not und dient der Prävention von Krisen und Konflikten. Letztlich bedeuten diese Kürzungen, dass sich die Schweiz zunehmend auf reaktive Aktivitäten beschränkt, statt vorausschauend in die Verhinderung möglicher zukünftiger Krisen zu investieren.
Inhaltlich setzt die neue Botschaft für die internationale Zusammenarbeit auf Kontinuität. Obwohl dafür viel weniger Mittel eingesetzt werden sollen, bleibt die Armutsbekämpfung oberstes Ziel. Die regionale Schwerpunktsetzung auf das südliche Afrika, wo 34 der 48 ärmsten Länder liegen, ist sinnvoll. Ebenfalls zu begrüssen ist die Ausrichtung der Botschaft an der 2015 verabschiedeten UNO-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Sie soll für die internationale Zusammenarbeit der Schweiz als Referenzrahmen dienen. Armutsbekämpfung kann nur gelingen, wenn alle Dimensionen der Nachhaltigkeit einbezogen werden.
Faktisch tut sich der Bundesrat aber schwer, strategische Schwerpunkte zu setzen und die geschrumpften Mittel klar zu fokussieren. Er will sich voraussichtlich aus keinem Land zurückziehen. Dabei hat der OECD-Entwicklungsausschuss (DAC) bereits bei seiner letzten Länderüberprüfung der Schweiz 2013 die Verzettelung der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit auf zu viele Länder kritisiert. Der Hauptgrund für diese Verzettelung ist, dass die Schweiz mit Entwicklungsgeldern in möglichst vielen Ländern präsent sein will, um auch aussenpolitische und wirtschaftliche Interessen zu bedienen. Nicht zuletzt steht die politische Forderung im Raum, im Kuhhandel gegen die Rückführung von Asylsuchenden auch in Eritrea wieder Entwicklungshilfe zu leisten. Angesichts der geplanten Kürzungen riskiert die Schweiz, mit einem minimalen Budget zwar in vielen Entwicklungsländern Präsenz zu markieren, aber als kleiner Akteur doch keine grosse Rolle spielen zu können.
Der neue Rahmenkredit ist nicht direkt mit jenem von 2013-2016 vergleichbar! – Erstens werden Personalkosten und Sach- und Betriebsaufwand neu nicht mehr mit dem Rahmenkredit verabschiedet, sondern mit dem allgemeinen Budget des EDA bez. WBF. Die Vergleichbarkeit der Zahlen wird dadurch massiv erschwert.
Zweitens wird erstmals der Rahmenkredit über die Massnahmen zur Friedensförderung und der menschlichen Sicherheit in die Botschaft über die internationale Zusammenarbeit integriert. Das Gesamtvolumen der Botschaft umfasst also neu fünf Rahmenkredite, während die laufende Botschaftsperiode vier Rahmenkredite umfasst.
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Die Schweiz spart sich die Welt
03.12.2015, Entwicklungsfinanzierung
Der Nationalrat hat im Budget 2016 massive Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit akzeptiert. Für 2017-2019 sind weitere Schnitte geplant. Kurzsichtig und unsolidarisch, findet Alliance Sud.

© Kurt Michel/pixelio.de
von Eva Schmassmann, ehemalige Fachverantwortliche «Politik der Entwicklungszusammenarbeit»
Der Nationalrat hat im Voranschlag des Bundesbudgets 2016 drastische Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit akzeptiert. Damit verpasst er es, dem Raubbau bei den Entwicklungsgeldern einen Riegel zu schieben. Denn in seinem Stabilisierungsprogramm für 2017-2019 sieht der Bundesrat weitere Einsparungen bei der internationalen Zusammenarbeit vor.
Kürzlich gab der Bundesrat die Details seines Stabilisierungsprogramms 2017-2019 bekannt. Dieses soll zu 20-25% auf Kosten der internationalen Zusammenarbeit gehen. Damit verabschiedet sich der Bundesrat nicht zuletzt auch vom Ziel des Parlaments, jährlich 0.5% des Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklungszusammenarbeit einzusetzen.
Ende September feierte Bundespräsidentin Sommaruga in der Uno-Vollversammlung die Verabschiedung der Agenda 2030 für die nachhaltige Entwicklung als «historische Übereinkunft». Mit der Annahme der Agenda 2030 bekräftigte die Schweiz auch ihr Versprechen, 0.7% des BNE für Entwicklungszusammenarbeit bereitstellen zu wollen.
Anstatt die Gelder weiter zu erhöhen, kürzt der Bundesrat aber bereits im Bundesbudget 2016 massiv bei der Entwicklungszusammenarbeit. Der neu zusammengesetzte Nationalrat hat es heute verpasst, diesen Sparvorhaben auf Kosten der Ärmsten ein Ende zu setzen. Anstatt die vorgesehenen Kürzungen rückgängig zu machen, akzeptierte er – wie montags bereits der Ständerat – den Voranschlag des Bundesrats.
Alliance Sud – die entwicklungspolitische Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Hilfswerke Swissaid, Fastenopfer, Brot für alle, Helvetas, Caritas und Heks – kritisiert diesen Entscheid als kurzsichtig und unsolidarisch. «Eine politisch stabile und ökologisch nachhaltige Welt ohne Armut ist auch für die Schweiz wichtig», betont Eva Schmassmann, Entwicklungsexpertin bei Alliance Sud, «eine Mehrheit des neu gewählten Parlaments scheint jedoch eine kurzsichtige Sparpolitik dem langfristigen Interesse der Schweiz an einer solidarischen Weltordnung vorzuziehen. Angesichts der aktuellen globalen Herausforderungen sollte die Schweiz ihre Hilfe im Gegenteil ausbauen.»
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Meinung
Krisenhilfe zu Lasten der Ursachenbekämpfung
18.09.2015, Internationale Zusammenarbeit, Entwicklungsfinanzierung
Alliance Sud kritisiert den Entscheid des Bundesrats, wie die Nothilfe für Syrien und andere Krisenländer aufgestockt wird. So nötig das ist, so kurzfristig ist es, diese Mittel bei der langfristigen EZA einzusparen.

© Pascal Mora
von Mark Herkenrath, ehemaliger Geschäftsleiter Alliance Sud
Der Bundesrat hat heute medienwirksam angekündigt, er wolle die Nothilfe für Syrien und andere Krisenländer aufstocken. Das ist dringend nötig. Alliance Sud kritisiert jedoch den Entscheid, einen grossen Teil dieser Mittel bei der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit einzusparen, als kurzsichtig.
Der heutige Entscheid war absehbar: Aussenminister Didier Burkhalter hatte in den Medien bereits mehrfach darauf hingewiesen, es brauche mehr Geld für die humanitäre Hilfe in Krisensituationen. Heute beschloss nun der Bundesrat, zusätzliche 70 Millionen Franken für Nothilfeeinsätze in Syrien und anderen krisengeplagten Ländern zu beantragen. Für Alliance Sud, die entwicklungspolitische Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Hilfswerke, ist Nothilfe in Krisengebieten ausgesprochen wichtig. Sie begrüsst deshalb die heute angekündigte Aufstockung, kritisiert aber scharf, dass der Bundesrat die Nothilfe gegen die langfristige Entwicklungszusammenarbeit ausspielt.
Denn die Finanzierung soll zu einem beträchtlichen Teil auf Kosten des Budgets für die langfristige Zusammenarbeit gehen. 2015 sind zugunsten der heute beschlossenen zusätzlichen Krisenhilfe Einsparungen bei der Entwicklungszusammenarbeit von bis zu 20 Millionen vorgesehen. Weiter ist damit zu rechnen, dass im Jahr 2016 nochmals 20 Millionen von der Entwicklungszusammenarbeit abgezwackt werden. Dazu will sich das EDA vorderhand aber nicht äussern.
«Es ist zynisch und kurzsichtig, wenn der Bundesrat die Krisenhilfe aufstockt und gleichzeitig bei der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit spart», betont Mark Herkenrath, Geschäftsleiter von Alliance Sud. Noteinsätze können Leben retten und sind in der aktuellen Krisensituation unabdingbar, aber nur die langfristig angelegte Entwicklungszusammenarbeit kann die Ursachen von Armut und Not bekämpfen. Zusätzliche Nothilfe ist deshalb zusätzlich zur Entwicklungszusammenarbeit zu finanzieren. «Wenn der Bundesrat heute bei der Entwicklungszusammenarbeit sparen will, muss er morgen wieder mehr Geld für kurzfristige Kriseneinsätze ausgeben», warnt Herkenrath.
Trotzdem hat der Bundesrat bereits in den vergangenen Wochen massive Sparmassnahmen bei der Entwicklungszusammenarbeit angekündigt. Sein bisheriger Budgetentwurf für 2016 sieht bei der Entwicklungszusammenarbeit der Deza Kürzungen von rund 60 Millionen Franken vor. Bei der Ostzusammenarbeit sollen rund 8 Mio. Franken und bei der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit des Seco sogar rund 20 Mio. gespart werden. Die heute beschlossene Aufstockung der Krisenhilfe dürfte nochmals weitere Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit bedeuten.
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Exportförderung auf Kosten der Entwicklungshilfe
11.09.2015, Entwicklungsfinanzierung
Der Bundesrat will zukünftige Schweizer Beiträge an die von China initiierte Investitionsbank (AIIB) aus dem Entwicklungsbudget berappen. Alliance Sud kritisiert diesen Entscheid heftig.

Der Bundesrat will zukünftige Schweizer Beiträge an die von China initiierte Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) aus dem Entwicklungsbudget berappen. Alliance Sud kritisiert diesen Entscheid heftig. Er bedeutet, dass einmal mehr exportfördernde Massnahme auf Kosten der bewährten bilateralen Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe gehen sollen.
Ende August führte der Bundesrat im Eiltempo eine Vernehmlassung über den Beitritt zur neuen Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank AIIB durch. Heute hat er zu diesem Geschäft bereits die endgültige Botschaft verabschiedet. Trotz der Bedenken zahlreicher Entwicklungs- und Umweltorganisationen will er die jährlichen Finanztranchen von rund 27 Millionen Franken an dieses neue Finanzinstitut immer noch aus dem Budget für die Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe finanzieren.
Alliance Sud, die entwicklungspolitische Organisation der Schweizer Hilfswerke, kritisiert diesen Entscheid als vollkommen fehlgeleitet. «Der Bundesrat will dem neuen asiatischen Finanzinstitut beitreten, um Schweizer Unternehmen Zugang zu Auslandaufträgen zu verschaffen und die diplomatischen Beziehungen zu China zu stärken», erklärt Mark Herkenrath, Geschäftsleiter von Alliance Sud. Das habe mit Entwicklungszusammenarbeit a priori gar nichts zu tun.
Alliance Sud setzte sich in der Vernehmlassung für eine Finanzierung der AIIB-Beiträge gestützt auf das Exportförderungsgesetz ein. Der Bundesrat hingegen scheint es sich in den Kopf gesetzt zu haben, die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zu schwächen. Einerseits will er bereits 2016, vermutlich aber auch in den Folgejahren, die Budgets für die internationale Zusammenarbeit massiv kürzen. Andererseits will er daraus immer mehr Aktivitäten finanzieren die einen sehr ungewissen Entwicklungseffekt haben.
Im Fall der AIIB ist noch ungeklärt, welche Sozial- und Umweltrichtlinien dafür sorgen sollen, dass die geplanten Infrastrukturprojekte keine Massenumsiedelungen und massiven ökologischen Schaden anrichten. Nichtsdestotrotz beantragt der Bundesrat eine Finanzierung auf Kosten bewährter bilateraler Entwicklungsprogramme und der humanitären Nothilfe etwa bei Flüchtlingskrisen. Das Parlament ist aufgefordert, diesen Entscheid rasch zu korrigieren.
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Verpasste Chancen in Addis Abeba
16.08.2015, Entwicklungsfinanzierung
Die Addis Abeba Action Agenda ist unter Dach und Fach. Während die Diplomaten die Verhandlungen als Erfolg feiern, kritisiert die Zivilgesellschaft das Resultat als ungenügend.

von Eva Schmassmann, ehemalige Fachverantwortliche «Politik der Entwicklungszusammenarbeit»
Die internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba war geprägt vom Streit um unlautere Finanzflüsse und Steuerfragen. Die Entwicklungsländer forderten ein neues intergouvernementales Gremium, um bei der internationalen Zusammenarbeit gegen die Steuerflucht und die Steuervermeidungspraktiken multinationaler Konzerne endlich gleichberechtigte Mitsprache zu erhalten. Die Industrieländer blockierten dieses wichtige Anliegen jedoch erfolgreich. Das bereits bestehende Steuerkomitee der Uno wird zwar mit mehr Ressourcen ausgestattet, aber die wichtigen politischen Entscheidungen werden weiterhin in der OECD fallen – unter Ausschluss des globalen Südens.
Doch nicht nur in der Steuerfrage mussten die Entwicklungsländer klein beigeben. Die reichen Industrieländer sind auch nicht bereit, sich auf eine Frist für das vor Jahrzehnten gegebene Versprechens einzulassen, 0.7% ihres jeweiligen Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. Zwar bestätigen sie im heutigen Schlussdokument der Konferenz das 0.7%-Ziel; ohne einen verbindlichen Zeitrahmen ist dieses Versprechen jedoch nur wenig wert.
Immerhin konnten die Entwicklungsländer in Addis Abeba durchsetzen, dass es im Uno-Rahmen weiterhin eigenständige Konferenzen zur Entwicklungsfinanzierung geben wird. Auch soll an diesen Konferenzen weiterhin über die grossen Fragen der Weltwirtschaft und die Mitsprache der Entwicklungsländer in der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds diskutiert werden. Dafür gelang es den reichen Industrieländern, weitere Diskussionen um ein geregeltes Verfahren zur Restrukturierung von Staatsschulden abzublocken. Die Entwicklungsländer werden also ähnlich wie Griechenland weiterhin neue Kredite aufnehmen müssen, um alte und oft illegitime Schulden abzustottern.
Für Alliance Sud sind an der Konferenz von Addis Abeba wesentliche Chancen verpasst worden, um eine nachhaltige Zukunft zu finanzieren. Die Ablehnung der Hauptforderungen der Entwicklungsländer wird an der Klimakonferenz vom Dezember in Paris den Druck erhöhen, weitere Mittel im Kampf gegen den Klimawandel zu generieren. Notabene sind die Entwicklungsländer speziell von den Folgen des Klimawandels betroffen. Ein weiteres Mal dürfen sich die Industrieländer also nicht vor der Verantwortung drücken, ihren Teil zu einer nachhaltigen und gerechten Entwicklung beizutragen.
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Ringen um Entwicklungsfinanzierung
13.07.2015, Entwicklungsfinanzierung
Heute beginnen in Addis Abeba die Verhandlungen um einen Finanzierungsrahmen für nachhaltige Entwicklung. Über 600 NGOs rufen dazu auf, die nötigen Finanzen sicherzustellen.

Im September sollen die Uno-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (SDG) verabschiedet werden. Bereits heute wird in Addis Abeba, Äthiopien, über einen Rahmen zur Finanzierung dieser Ziele verhandelt. Aus Sicht von Alliance Sud sind die bisherigen Verhandlungsergebnisse allerdings enttäuschend. Einigkeit herrscht bloss bezüglich der Tatsache, dass enorme Summen notwendig sein werden, um die Ziele zu erreichen. Aber woher soll das Geld kommen? Mit Ausnahme von einigen wenigen Ländern sind die reichen Industrieländer nicht bereit, ihr Versprechen einzulösen und 0.7% ihres Nationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Einspringen soll einerseits der Privatsektor, andererseits die Entwicklungsländer selber, die durch effizientere Verwaltungen ihre Steuereinnahmen erhöhen sollen.
Für Alliance Sud braucht es eine klare Frist zur Erreichung des 0.7%-Ziels. Ohne Frist ist eine Bekräftigung des vor Jahrzehnten gegebenen Versprechens nichts wert. Zweitens braucht es ein universelles, intergouvernementales Gremium für Steuerfragen. Um das Potential selber generierter Steuereinkommen auszunutzen, müssen Entwicklungsländer nicht nur nationale Steuergesetze besser umsetzen, sondern auch die internationalen Regeln in Steuerfragen mitbestimmen können. Durch Steuerhinterziehung entgehen den Entwicklungsländern jährlich Einnahmen in Milliardenhöhe. Und drittens braucht es für private Investitionen nicht nur Anreize, sondern klare Rahmenbedingungen, um diese in nachhaltige Projekte zu lenken.
Am Vorabend der Konferenz verabschiedete Alliance Sud gemeinsam mit über 600 zivilgesellschaftlichen Organisationen eine Erklärung. Darin wird die internationale Staatengemeinschaft aufgefordert, mit einem ambitionierten Schlussdokument ein starkes Zeichen zu setzen. Ein solches ist notwendig für die Glaubwürdigkeit, dass es der Staatengemeinschaft ernst ist mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung und der Bekämpfung des Klimawandels, über die später im Jahr verhandelt wird.
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