Medienmitteilung

Die globale Steuerpolitik wird jetzt in Afrika gemacht

10.11.2025, Finanzen und Steuern

Zum ersten Mal in der Geschichte des Multilateralismus finden die derzeit wichtigsten steuerpolitischen Verhandlungen im Globalen Süden statt: Parallel zur UNO-Klimakonferenz im brasilianischen Belém wird in den nächsten zehn Tagen in Kenias Hauptstadt Nairobi über die Inhalte der neuen UNO-Steuerkonvention verhandelt.

Dominik Gross
Dominik Gross

Experte für Steuer- und Finanzpolitik

+41 31 390 93 35 dominik.gross@alliancesud.ch
Die globale Steuerpolitik wird jetzt in Afrika gemacht

Autofahrer:innen fahren an der Siedlung Kibera vorbei; im Hintergrund die Skyline des Stadtteils Upper Hill in Nairobi.
 © REUTERS/Thomas Mukoya

Die Verhandlungen in Nairobi stehen für eine historische Verschiebung im steuerpolitischen Multilateralismus: Um dessen Hauptfeind Donald Trump zu gefallen, verwässern die EU-Staaten die bereits jetzt sehr schwachen OECD-Regeln im internationalen Steuersystem weiter. Damit opfern sie unter dem wirtschafts- und geopolitischen Druck der rechtsextremen US-Regierung ihre eigenen steuerpolitischen Errungenschaften, die sie unter dem Dach der OECD in den letzten 15 Jahren erreichten. Demgegenüber treiben die Länder des Globalen Südens unter afrikanischer Führung die UNO-Steuerkonvention voran. Weil die USA mit Trump auf einen hypernationalistischen Kurs umgeschwenkt ist und die EU vor ihm kapituliert, ist die UNO-Konvention die letzte Hoffnung für den steuerpolitischen Multilateralismus.

Die Alternative wäre eine Rückkehr zu internationalen Steuerregeln, die auf rein bilateralen Beziehungen beruhten. Damit würde ein ungebremstes Recht der Starken implementiert – zu Gunsten von multinationalen Konzernen und des Fiskus starker, grosser Volkswirtschaften wie den USA oder China und kleiner, reicher Steuerdumping-Staaten wie Irland oder die Schweiz. Letztere verfolgt die weitere Verwässerung der OECD-Regeln folgerichtig mit Wohlwollen und setzt sich bei der UNO für eine möglichst schwache Konvention ein.

Das ist auch mit Blick nach Belém zur Klimakonferenz unverantwortlich: Soll die eskalierende Klimakrise doch noch wirkungsvoll bekämpft werden, braucht es in der internationalen Klimafinanzierung neue Geldquellen jenseits der etablierten Hebel. Diese lassen sich global gerecht nur über ein internationales Steuersystem erschliessen, das auf im Rahmen der UNO verhandelten Regeln beruht.

Dominik Gross, Experte für internationale Steuerpolitik bei Alliance Sud, verfolgt mit über 100 weiteren zivilgesellschaftlichen Vertreter:innen die Verhandlungen vor Ort und sagt: «Die Schweiz schadet mit ihrer Steuerdumping-Politik letztlich auch sich selbst. Sie hat sich im Vergleich mit der Welt bereits doppelt so stark erhitzt und ohne massive und schnelle Gegensteuer wird das so weitergehen. Die Schweizer Bevölkerung hat also ein genuines Interesse daran, dass alle Länder genug Geld zur Verfügung haben, um eine dekarbonisierte Wirtschaft aufzubauen.»

Konkret stehen in Nairobi diese Woche die einzelnen Artikel der Konvention auf dem Programm: Ein wichtiges Ziel der Afrikagruppe und der NGOs ist dabei die Umverteilung von Steuersubstrat aus den Sitzstaaten multinationaler Konzerne in die Produktions- und Verkaufsländer. Weiter muss mit einem entsprechenden Konventions-Artikel die Steuertransparenz erhöht werden, um Gewinnverschiebungen multinationaler Konzerne und Offshore-Vermögen reicher Privatpersonen sichtbar zu machen. Nächste Woche wird auch über ein Protokoll zu Streitvermeidungs- und Streitbeilegungsverfahren verhandelt. In diesen müssen die Interessen der Länder des Südens gestärkt werden.

Für weitere Informationen:

Dominik Gross, Experte für Steuerpolitik bei Alliance Sud
dominik.gross@alliancesud.ch, Tel. 078 838 40 79