Artikel teilen
Medienmitteilung
Konzernlobby gewinnt im Ständerat
18.12.2019, Internationale Zusammenarbeit
Der Ständerat hat heute einen Alibi-Gegenvorschlag verabschiedet. Damit hat sich die Konzernlobby durchgesetzt. Konzerne sollen nicht für angerichtete Schäden geradestehen müssen, sondern bloss einmal im Jahr eine Hochglanzbroschüre veröffentlichen.
Nach dem heutigen Entscheid des Ständerats wird die Schweiz höchstwahrscheinlich nächstes Jahr über die Konzernverantwortungsinitiative abstimmen. Der von Bundesrätin Keller-Sutter kurzfristig zurechtgezimmerte Alibi-Gegenvorschlag fand im Ständerat eine Mehrheit. Diese Vorlage wird selbstverständlich nicht zu einem Rückzug der Initiative führen, da sie keinerlei verbindliche Regeln bringt, welche Menschenrechtsverletzungen durch Konzerne verhindern.
Die Mehrheit des Ständerats stellt sich mit dem heutigen Entscheid schützend vor skrupellose Grosskonzerne wie Syngenta und Glencore und will, dass diese Konzerne auch in Zukunft nicht für Menschenrechtsverletzungen geradestehen müssen. Der verabschiedete Alibi-Gegenvorschlag bringt keinerlei Verbesserungen, soll aber den Stimmberechtigten vorgaukeln, dass es die Konzernverantwortungsinitiative nicht mehr brauche.
Dick Marty ist überzeugt, dass die Bevölkerung dieser Trickserei nicht auf den Leim gehen wird: «Ich bin überzeugt, dass der Alibi-Gegenvorschlag die Stimmberechtigten nicht verunsichern wird. Denn wir alle wissen, dass gerade die skrupellosesten Grosskonzerne noch so gerne Hochglanzbroschüren veröffentlichen. Konzerne wie Glencore werden erst anständig wirtschaften, wenn Menschenrechtsverletzungen auch Konsequenzen haben und sie dafür geradestehen müssen.»
Abstimmung nächstes Jahr
Die Abstimmung findet wahrscheinlich im Herbst / Winter 2020 statt. Der Abstimmungskampagne sieht Dick Marty gelassen entgegen: «Die grosse Unterstützung – gerade auch aus Wirtschaftskreisen – stimmt mich optimistisch. Ich bin sehr zuversichtlich, denn unsere Initiative fordert eine Selbstverständlichkeit. Wenn Konzerne das Trinkwasser vergiften oder ganze Landstriche zerstören, sollen sie dafür geradestehen.»
Breite Unterstützung
Bereits heute geniesst die Initiative sehr breite Unterstützung:
120 Menschenrechts-, Umwelt-, Entwicklungs- und Konsumentenorganisationen.
Wirtschaftskomitee aus über 160 Unternehmer/innen
Über 120 Politiker/innen aus BDP, CVP, GLP, FDP und SVP im «Bürgerlichen Komitee für Konzernverantwortung»
Schweizer Bischofskonferenz, der Schweizerische Evangelische Kirchenbund, die Schweizerische Evangelische Allianz (durch ihre AG Interaction), der Verband Freikirchen Schweiz sowie zahlreiche weitere kirchliche Akteure («Kirche für KoVI»)
300 Lokalkomitees mit Tausenden Freiwilligen
Chronologie Diskussion im Parlament
Nach über zwei Jahren Beratungen in 20 Kommissionssitzungen und trotz zweimaliger klarer Zustimmung des Nationalrates hätte der Ständerat heute die Gelegenheit gehabt, einen breit getragenen Kompromiss zu verabschieden. Dieser beinhaltete zwar erhebliche Abstriche gegenüber der Konzernverantwortungsinitiative, hätte aber doch zu minimalen Regeln gegen die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen durch Konzerne geführt.
Die Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz, breite Teile der Wirtschaft (z.B. Coop, Migros, Manor oder ein beträchtlicher Teil der Westschweizer Wirtschaft) hatten sich hinter den Gegenvorschlag gestellt. Und die Initiant/innen hatten angekündigt, im Falle einer definitiven Verabschiedung die Initiative zurückzuziehen.
Jetzt liegt es am Nationalrat, ob er an seinem Gegenvorschlag festhalten will. Mit dem heutigen Entscheid des Ständerats ist aber eine Abstimmung sehr wahrscheinlich geworden.
Das fordert die Initiative
Die Initiative will Konzerne mit Sitz in der Schweiz verpflichten, die Menschenrechte nicht zu verletzen und die Umwelt nicht zu zerstören. Damit sich alle Konzerne an das neue Gesetz halten, sollen Verstösse in Zukunft Konsequenzen haben. Konzerne sollen deshalb für Menschenrechtsverletzungen geradestehen, welche ihre Tochterfirmen verursachen.
Medienmitteilung
Widersprüchliche Botschaften des Bundesrats
19.02.2020, Internationale Zusammenarbeit
Vorwärts in alle Richtungen, so zeigt der Kompass der Entwicklungspolitik des Bundesrats. Alliance Sud vermisst klare Bekenntnisse zu einer konsequenten Ausrichtung an den Uno-Zielen für nachhaltige Entwicklung (Agenda 2030) und dem Pariser Klimaübereinkommen.
© Daniel Hitzig/Alliance Sud
Der Bundesrat hat heute zwei wichtige entwicklungspolitische Dokumente verabschiedet – die Botschaft zur Internationalen Zusammenarbeit (IZA) der Schweiz für die Jahre 2021 bis 2024 sowie die Botschaft zu den Kapitalerhöhungen der IBRD, IFC und der Afrikanischen Entwicklungsbank. Bei beiden steht der Privatsektor als Entwicklungsmotor im Fokus – dies auf Kosten einer globalen Vision von Nachhaltigkeit, die sich konsequent an der Agenda 2030 und dem Pariser Klimaabkommen ausrichten würde.
Im Mai 2019 hatten das EDA und das WBF erstmals einen erläuternden Bericht zur IZA in die öffentliche Vernehmlassung geschickt. Eine Rekordzahl von 249 Antworten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft gingen ein. Alliance Sud begrüsst, dass aufgrund der Vernehmlassung nun die Armutsreduktion wieder ins Zentrum der Botschaft zur IZA gerückt ist. Ebenfalls erfreulich ist die Klarstellung, dass mit den Interessen der Schweiz die langfristigen Interessen an einer stabilen, sicheren und nachhaltigen Welt gemeint sind und nicht kurzfristige migrations- oder wirtschaftspolitische Interessen. Die Agenda 2030 als Referenzrahmen für die Schweizer IZA wird nun im Text richtigerweise stärker hervorgehoben, allerdings ohne eine klare Vision zu formulieren, was eine globale nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 tatsächlich bedeutet. Auch beim vorgesehenen Ausbau der Zusammenarbeit mit dem Privatsektor ist keine klare Strategie erkenntlich. So bleibt unklar, was genau mit den «neuen innovativen Finanzierungsinstrumenten» gemeint ist, wieviel Geld in diese Zusammenarbeit fliessen soll und zu welchem Zweck. Dies ist bedenklich, zeigen doch verschiedene Studien, dass die anvisierten Blended Finance-Instrumente vor allem in Ländern mittleren Einkommens etwas bewirken können, kaum aber in den ärmsten Ländern. Auch die Überprüfung eines tatsächlichen Entwicklungsnutzens gestaltet sich aufgrund der Vielzahl involvierter Akteure bei dieser Art von Finanzierung oftmals schwierig. So stand just die in der Botschaft als positives Beispiel erwähnte Private Infrastructure Development Group (PIDG) kürzlich in der Kritik, weil sie nach wie vor massiv in Öl- und Gasprojekte in Entwicklungsländern investiert. Dies ist mit einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 und des Pariser Klimaabkommens unvereinbar.
Was den Finanzrahmen betrifft, scheinen die Ergebnisse der öffentlichen Vernehmlassung spurlos am Bundesrat vorbei gegangen zu sein. Obwohl 138 der eingegangenen Eingaben eine Erhöhung der Mittel für die IZA forderten (nur zwei forderten eine Reduktion, der Rest äusserte sich nicht zum Finanzrahmen), kürzt der Bundesrat die Gelder gegenüber dem Entwurf um 120 Millionen auf 11.25 Milliarden CHF. Ein Widerspruch auch, dass sich dadurch die anvisierte APD-Quote (aide publique au développement) von 0.45% auf 0.47% des Schweizer Nationaleinkommens (BNE) erhöhen soll. Ohne Asylausgaben, die ebenfalls der Entwicklungszusammenarbeit angerechnet werden, verharrt die Quote bei bloss 0,41% des BNE. Nicht nur der international mehrmals bestätigte Richtwert von 0.7%, sondern auch das vom Parlament 2011 gesetzte Ziel von 0.5% werden damit klar verfehlt. Angesichts wiederholter Milliardenüberschüsse in der Bundeskasse und der breiten Abstützung der IZA in der Schweizer Bevölkerung ist dies unverständlich.
Auch in der zweiten heute vom Bundesrat verabschiedeten Botschaft zu den Kapitalerhöhungen der beiden Weltbanktöchter IBRD (International Bank for Reconstruction and Development) und IFC (International Finance Corporation) sowie der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) fehlt die Vision einer gerechten, nachhaltigen Welt im Sinne der Agenda 2030 und des Pariser Klimaabkommens. Alle drei Institutionen fördern privatwirtschaftliche Grossinvestitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern und setzen sich dafür ein, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Entwicklungsländern «stimmen», was in vielen Fällen mit Land- und Saatgutprivatisierung, Steuervorteilen für ausländische Unternehmen und Restriktionen beim Schutz der heimischen Wirtschaft einhergeht. Schweizer Unternehmen profitieren stark von den Krediten der Entwicklungsbanken, vor allem von der IFC, welche 2019 1.3 Milliarden US-Dollar mit Schweizer Unternehmen co-investiert hatte und ebenfalls in die oben genannte Private Infrastructure Development Group involviert ist. Obwohl sowohl die Weltbank wie auch die AfDB in den letzten Jahren verschiedene Klimaversprechen gemacht haben, vertreten beide nach wie vor ein Entwicklungsmodell, das klar auf der Förderung von fossilen Energien aufbaut. Die von diesen Banken geförderten grossflächigen Infrastrukturprojekte sowie die Förderung der industriellen Landwirtschaft gehen zudem oft einher mit Vertreibungen, Umsiedlungen und massiver Repression der lokalen Bevölkerung.
Im Sinne einer nachhaltigen und gerechten globalen Entwicklung sollte die Schweiz ihre Stimmrechte in diesen Institutionen dafür nutzen, den Fokus zu verschieben – weg von riesigen Infrastrukturvorhaben und der Förderung ausländischer Privatinvestitionen, hin zu einer Unterstützung lokaler KMUs in Entwicklungsländern, dem Aufbau lokaler Märkte und einer dezentralisierten nachhaltigen Energieversorgung. Dazu gehört auch der konsequente Schutz von zivilgesellschaftlichen Organisationen vor Ort, die bei der Bekämpfung von Korruption und Menschenrechtsverletzungen eine zentrale Rolle spielen.
Für weitere Informationen:
Kristina Lanz, Expertin für Entwicklungspolitik bei Alliance Sud, Tel. +4176 295 47 46
Artikel teilen
Publikation
Klare Kriterien für Weltbank-Kapitalerhöhungen!
12.05.2020, Internationale Zusammenarbeit
Der Bundesrat will, dass sich die Schweiz an Kapitalerhöhungen der Weltbank beteiligt. Alliance Sud wirft kritische Fragen auf und stellt Bedingungen.
Die Aussenpolitische Kommission des Ständerates (APK-S) muss am 14. Mai darüber entscheiden, ob die Schweiz sich an den Kapitalerhöhungen der beiden Weltbank-Töchter IFC und der IBRD mit Aktien im Wert von 198 Millionen US-Dollar sowie mit der zusätzlichen Bereitstellung von 649 Millionen US-Dollar Garantiekapital beteiligen soll. Alliance Sud fordert in einem neuen Positionspapier, dass dieser Beitrag an ein stärkeres Engagement der Weltbank für die Menschenrechte und den Klimaschutz geknüpft wird.
In der Coronakrise hat die Weltbank schnell reagiert und umfangreiche Soforthilfe für die Entwicklungsländer bereitgestellt. Allerdings lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Ein Grossteil des Hilfspakets geht an die Internationale Finanzkorporation (IFC) – den Privatsekttorarm der Weltbank. Alliance Sud zeigt in ihrem neuesten Positionspapier, dass gerade die IFC immer wieder in der Kritik steht – aufgrund von Investitionen in fossile Energien sowie wegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltkatastrophen, die oft mit von der IFC finanzierten privaten Investitionen einhergehen.
Die Weltbank ist mit ihrer Privatisierungsagenda und Kreditkonditionalitäten daran mitschuldig, dass in vielen ärmeren Ländern die öffentliche Gesundheitsversorgung komplett vernachlässigt wurde. Auch wenn sich ihr Fokus in den letzten Jahrzehnten verändert und erweitert hat, bleibt es ihr Hauptziel, ausländische Direktinvestitionen zu fördern und den Welthandel anzukurbeln. Mit Hilfe der Kapitalerhöhungen soll die Mobilisierung von Privatinvestitionen, unter anderem auch im Bildungs- und Gesundheitsbereich, massiv ausgebaut werden. Die von der Weltbank propagierten öffentlich-privaten Partnerschaften (PPPs) kommen die betreffenden Staaten aber oft viel teurer zu stehen als „traditionelle“ staatliche Kreditaufnahmen. Gleichzeitig werden Ungleichheiten im Zugang zu wichtigen öffentlichen Dienstleistungen wie Energie, Bildung und Gesundheit zusätzlich verschärft.
Die Umwelt- und Sozialstandards der Weltbank werden nicht für alle Projekte und Instrumente gleich angewendet, so dass es bei von ihr (co-)finanzierten Projekten immer wieder zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen und Umweltkatastrophen sowie zu Repression und Korruption kommt. Ein 2015 verfasster Bericht des UN-Sonderberichterstatters zu extremer Armut und Menschenrechten ging sogar so weit, die Weltbank eine «menschenrechtsfreie Zone» zu nennen.
Will die Schweiz sich an den Kapitalerhöhungen der IBRD und der IFC beteiligen, so fordert Alliance Sud, muss sie in Zukunft ihr Mitspracherecht nutzen, um von der Weltbank wichtige Reformen in den Bereichen Menschenrechte, Klimawandel und nachhaltiges Engagement des Privatsektors zu verlangen. Auch ihr eigenes Stimmverhalten in der Weltbank soll die Schweiz entsprechend anpassen und im Sinne der Transparenz öffentlich kommunizieren.
Artikel teilen
Medienmitteilung
Die menschliche Entwicklung neu gedacht
16.12.2020, Internationale Zusammenarbeit
Zum 30. Jubiläum des legendären Berichts zur menschlichen Entwicklung (Human Development Report HDR) geht das UNO-Entwicklungsprogramm (UNDP) der Frage nach, was es wirklich braucht, um die menschliche Entwicklung für alle zu ermöglichen.
© UNDP
Zum 30. Jubiläum des legendären Berichts zur menschlichen Entwicklung (Human Development Report HDR) geht das UNO-Entwicklungsprogramm (UNDP) der Frage nach, was es wirklich braucht, um die menschliche Entwicklung für alle zu ermöglichen. Die neuen Indikatoren berücksichtigen auch die Umweltbelastung und den Ressourcenverbrauch auf nationaler Ebene, nehmen aber mit der Weltwirtschaft verflochtene Länder wie die Schweiz zu wenig in die Pflicht.
Das UNDP präsentierte am 15. Dezember einen neuen, «um planetarische Belastungen bereinigten» Index zur menschlichen Entwicklung (planetary pressures-adjusted human development index – PHDI) und spannt damit den Bogen zwischen Armut und Ungleichheit auf der einen sowie Res¬sourcenverbrauch und Umweltbelastung auf der anderen Seite. Denn – so das UNO-Programm bei der Lancierung des neuesten Berichtes – im angebrochenen Anthropozän formt «zum ersten Mal in einer 300‘000 Jahre währenden Beziehung» nicht mehr der Planet den Menschen, sondern der Mensch den Planeten. Klimakrise, demografische Veränderungen, Urbanisierung, die Pandemie und das Aufkommen digitaler Technologien und Ungleichheiten sind zunehmende Herausforderungen unserer Zeit.
Ausweitung der Messgrösse notwendig
Der HDI setzt sich aus Daten zum Lebensstandard (Pro-Kopf-Einkommen), zur Gesundheit und Lebenserwartung sowie zum Bildungsstand der Bevölkerung zusammen. Um die «menschliche Entwicklung im Anthropozän» zu erfassen, umfasst der neue, planetarisch bereinigte Index neben ökonomischen und sozialen nun auch ökologische Kriterien. So wird der HDI im neuesten Bericht mit Daten zu Ressourcenverbrauch (Wasserverbrauch, Waldrodung, materieller Fussabdruck) und Umweltbelastung (CO2-Ausstoss und Stickstoffeinsatz) ergänzt.
Allerdings bezieht sich insbesondere der Indikator für den Pro-Kopf-CO2-Ausstoss lediglich auf Emissionen auf nationaler Ebene. Diese produktionsbasierten Emissionen machen gemäss Bun¬desamt für Statistik aber nur gerade einen Drittel der Gesamtemissionen der Schweiz aus. «Das zeichnet ein verzerrtes Bild der tatsächlichen Umweltbelastung der Schweiz und vieler westlicher Länder, welche einen Grossteil ihrer ökologischen Kosten externalisieren», sagt Jürg Staudenmann, Fachverantwortlicher Klima- und Umweltpolitik bei Alliance Sud und ehemaliger UNDP-Mitarbeiter. «Weil sie einen Grossteil der Produktion ihrer Konsumgüter in Entwicklungs- und Schwellenländer ausgelagert haben, tauchen damit ausgelöste Emissionen nicht in ihrem nationalen Treibhausgas-Inventar auf.»
Auch der zweite Sub-Indikator des PHDI, der materielle Fussabdruck, zeichnet ein gewisses Zerrbild; obschon damit versucht wird, ein Mass für den Ressourcenaufwand gemessen am Endkonsum darzustellen. Er wird berechnet aus dem Import plus inländischer Förderung minus Exporte von Rohstoffen. Gerade hier kommen rohstoffarme Länder wie die Schweiz trotz hohem Konsum mit einem blauen Auge davon, weil die Verarbeitung von Rohstoffen zu importierten Konsumgütern nicht im Inland erfolgt.
Die Schweiz darf sich nicht rühmen
Gerade Länder wie die Schweiz mit einem überproportional grossen Anteil an importierten gegenüber inländisch produzierten Konsumgütern kommen bei dieser Messmethode sehr viel besser davon als diejenigen Länder, in denen diese Güter hergestellt werden. So erklärt sich, wieso die Schweiz trotz Erweiterung des HDI um ökologische Dimensionen nach wie vor unverändert auf Platz 2 der bereinigten UNDP-Rangliste steht.
«Der neue, auf Rohstoffverarbeitung und Inlandemissionen abstützende Index zeichnet also nur ein Teilbild der «planetaren Belastung» ab und darf die Schweiz und weitere westliche Länder mit weitgehend ausgelagerter Schwerindustrie nicht aus der Verantwortung entlassen. Sie verursachen weiterhin einen Grossteil der globalen Probleme, denen wir als Menschheit heute gegenüberstehen», sagt Kristina Lanz, Fachverantwortliche Entwicklungspolitik bei Alliance Sud.
Für weitere Informationen:
Kristina Lanz, Fachverantwortliche Entwicklungspolitik Alliance Sud, +4176 295 47 46
Marco Fähndrich, Medien und Kommunikation Alliance Sud, +4179 374 59 73
Artikel teilen
Medienmitteilung
OECD-Leitsätze für Multis: verpasste Chance
25.05.2011, Internationale Zusammenarbeit
Am 25. Mai 2011 verabschiedete die OECD neue Leitsätze für multinationale Unternehmen. Alliance Sud und andere NGOs fordern den Bundesrat auf, die Leitsätze ernster zu nehmen und den nationalen Kontaktpunkt zu stärken.
Artikel teilen
Medienmitteilung
Bundesrat schafft zahmen Beirat für Multis
01.05.2013, Internationale Zusammenarbeit
Der Bundesrat hat die Bildung eines breit abgestützten Beirats beschlossen, der die Arbeit des Nationalen Kontaktpunkts zur Umsetzung der OECD-Leitsätze für multinationale Firmen begleiten soll. Dieser hat jedoch nur beratende Funktion.
Artikel teilen
Medienmitteilung
CH-Qualität heisst Schutz von Mensch und Umwelt
10.10.2016, Internationale Zusammenarbeit
Heute wird die Konzernverantwortungsinitiative eingereicht. Hinter der Initiative stehen rund 80 Organisationen der Zivilgesellschaft. Ihr Ziel: Schweizer Qualität soll in Zukunft auch den Schutz von Mensch und Umwelt einschliessen.
© Daniel Hitzig/Alliance Sud
Die Verantwortung der Schweiz ernst nehmen und die Reputation unseres Landes bewahren: Dafür stehen die rund 120‘000 gültigen Unterschriften für die Konzernverantwortungsinitiative, die heute bei der Bundeskanzlei eingereicht werden. Die Initiative orientiert sich an den 2011 einstimmig verabschiedeten Uno-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Sie verlangt, dass Schweizer Konzerne für ihre Geschäftsbeziehungen eine Sorgfaltsprüfung bezüglich Menschenrechten und Umweltschutz einführen. Das heisst: Schweizer Konzerne müssten künftig ihre Aktivitäten und jene ihrer Tochter- und Zulieferunternehmen auf Risiken für Mensch und Umwelt prüfen, diese mit geeigneten Massnahmen beheben und öffentlich darüber berichten. Kommt ein Konzern seiner Sorgfaltsprüfungspflicht nicht nach, soll er auch für allfällige Schäden haften, die seine Tochterfirmen im Ausland verursacht haben.
Für unsere Wirtschaft ist die Reputation der Schweiz ein wichtiges Gut. Schweizer Qualität steht für hohe Ansprüche, saubere Arbeit und den anständigen Umgang miteinander. Für Konzerne, die vom guten Schweizer Ruf profitieren, sollte auch klar sein, dass sie international anerkannte Menschenrechte und Umweltstandards respektieren. Leider ist das heute noch nicht überall selbstverständlich. Manche Konzerne mit Sitz in der Schweiz sind nach wie vor nicht bereit hinzuschauen und Risiken für Mensch und Umwelt zu vermindern und zu vermeiden. Deshalb schliesst die Konzernverantwortungsinitiative eine wichtige Lücke: Sie sorgt dafür, dass Schweizer Qualität in Zukunft auch den Schutz von Mensch und Umwelt beinhaltet.
International besteht ein klarer Trend hin zu verbindlichen Ansprüchen an Konzerne: Sowohl Europarat, EU-Parlament als auch acht nationale europäische Parlamente haben sich in den letzten Monaten für eine verbindliche menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung ausgesprochen.
Der Verein Konzernverantwortungsinitiative besteht heute aus 80 Organisationen der Zivilgesellschaft, die jetzt gemeinsam in die Vorbereitung der Abstimmungskampagne einsteigen. Vor kurzem hat der Verein eine repräsentative Umfrage bei der Schweizer Bevölkerung durchführen lassen, deren Resultate bemerkenswert sind: 89 Prozent der Menschen wollen, dass Schweizer Konzerne verpflichtet werden, Menschenrechte und Umwelt auch im Ausland zu respektieren. Gar 92 Prozent sind der Meinung, dass sie auch dafür sorgen sollen, dass es ihre Tochterfirmen und Zulieferer tun. Das zeigt: Was die Politik auf die lange Bank schiebt, ist für die Bevölkerung längst ein wichtiges Thema.
Für Rückfragen steht zur Verfügung:
Rahel Ruch, Koordinatorin der Konzernverantwortungsinitiative
Tel. 076 517 02 08
Artikel teilen
Medienmitteilung
Ständerat bestätigt EZA-Kurs des Bundesrats
15.09.2016, Internationale Zusammenarbeit
Auch der Ständerat stimmt der Botschaft über die internationale Zusammenarbeit 2017-2020 zu. Mit dem Stabilisierungsprogramm 2017-2019 wird sie allerdings bereits wieder in Frage gestellt.
© Peter Klauzner/Keystone
von Eva Schmassmann, ehemalige Fachverantwortliche «Politik der Entwicklungszusammenarbeit»
Der Ständerat hat heute mit der Botschaft über die internationale Zusammenarbeit 2017-2020 die Mittel für die verschiedenen Instrumente der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit (EZA) gesprochen. Diese werden mit dem Stabilisierungsprogramm 2017-2019 jedoch bereits wieder in Frage gestellt.
Nach dem Nationalrat hat heute auch der Ständerat der zukünftigen Ausrichtung der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit zugestimmt. Die Botschaft über die internationale Zusammenarbeit 2017-2020 enthält die Verpflichtungskredite über insgesamt 11.1 Milliarden CHF für die verschiedenen Instrumente der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit: die Humanitäre Hilfe, die bilateralen und multilateralen Projekte der Südzusammenarbeit der Deza, die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas, die wirtschaftliche Zusammenarbeit des Seco, sowie neu die Arbeit der Abteilung Menschliche Sicherheit.
Bereits in zwei Wochen wird der Ständerat erneut über die Mittel der internationalen Zusammenarbeit bestimmen. Seine Finanzkommission beantragt beim Stabilisierungsprogramm 2017-2019 zusätzliche Kürzungen bei der internationalen Zusammenarbeit von 300 Millionen CHF über drei Jahre. Diese trägt bereits im vorliegenden Programm rund 25% der Sparmassnahmen, insgesamt knapp 600 Millionen CHF. Weitergehende Kürzungen würden das Sparpaket vollends zu einer einseitigen Abbauübung auf Kosten der Entwicklungszusammenarbeit machen.
Da sich Entscheide im Rahmen des Stabilisierungsprogramms 2017-2019 direkt auf die Rahmenkredite der internationalen Zusammenarbeit auswirken, könnte der Ständerat durch die Hintertür doch noch die Mittel kürzen, die er heute bewilligt hat. Alliance Sud erwartet von den Ständerätinnen und Ständeräten, dass sie auch in zwei Wochen ein klares Zeichen für eine starke Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz setzen und gegen weitere Kürzungen stimmen.
Die Schweiz muss in einer globalisierten Welt ihre Verantwortung wahrnehmen. Verschliessen wir die Augen vor globalen Problemen und Fehlentwicklungen, so kommt das spätere Generationen teu(r)er zu stehen.
Artikel teilen
Meinung
Migration und Entwicklung nicht vermischen
16.08.2016, Internationale Zusammenarbeit
Die Aussenpolitische Kommission des Ständerats (APK-S) stellt sich hinter den bundesrätlichen Vorschlag für die zukünftige Ausrichtung der Schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit.
© pixabay.com
von Eva Schmassmann, ehemalige Fachverantwortliche «Politik der Entwicklungszusammenarbeit»
Die Aussenpolitische Kommission des Ständerats (APK-S) stellt sich hinter den bundesrätlichen Vorschlag für die zukünftige Ausrichtung der Schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit. Erfreulicherweise wurde die Forderung nach deren Neuausrichtung auf Herkunftsländer von Asylsuchenden in der Schweiz zurückgezogen.
In der Debatte um die zukünftige Ausrichtung der Schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit wird immer wieder gefordert, Entwicklungszusammenarbeit soll in erster Linie in Herkunftsländern von in der Schweiz Asylsuchenden geleistet werden. Diese Forderung basiert auf dem Missverständnis, die Schweiz leiste vor allem Budgethilfe an ausländische Staaten. Stattdessen unterstützt sie zivilgesellschaftliche Organisationen, damit diese von ihren Regierungen eine verantwortungsvolle und entwicklungsfördernde Politik einfordern können. Diese sinnvolle Entwicklungszusammenarbeit fordert eine breitere Mitsprache und Teilhabe an der Zukunftsgestaltung eines Landes und ist von Machthabern nicht unbedingt erwünscht. Dementsprechend kann sie nicht als Pfand in migrationspolitischen Verhandlungen mit Staatschefs dienen. In der APK-S wurde nun eine entsprechende Motion von Ständerat Thomas Minder (SVP/SH) zurückgezogen.
Leider verpasst es die APK-S aber, angesichts der gestiegenen internationalen Herausforderungen auf dem früheren Parlamentsbeschluss zu bestehen, die APD-Quote bei 0.5% zu halten. Angesichts der aktuellen globalen Krisen sollte die Schweiz alles daran setzen, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit auf die international zugesagten 0.7% des BNE zu erhöhen. Mit dem Weckruf gegen Hunger und Armut verlangen über 75 Organisationen vom Parlament, dieses Versprechen endlich einzulösen.
Artikel teilen
Meinung
Krisenhilfe zu Lasten der Ursachenbekämpfung
18.09.2015, Internationale Zusammenarbeit, Entwicklungsfinanzierung
Alliance Sud kritisiert den Entscheid des Bundesrats, wie die Nothilfe für Syrien und andere Krisenländer aufgestockt wird. So nötig das ist, so kurzfristig ist es, diese Mittel bei der langfristigen EZA einzusparen.
© Pascal Mora
von Mark Herkenrath, ehemaliger Geschäftsleiter Alliance Sud
Der Bundesrat hat heute medienwirksam angekündigt, er wolle die Nothilfe für Syrien und andere Krisenländer aufstocken. Das ist dringend nötig. Alliance Sud kritisiert jedoch den Entscheid, einen grossen Teil dieser Mittel bei der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit einzusparen, als kurzsichtig.
Der heutige Entscheid war absehbar: Aussenminister Didier Burkhalter hatte in den Medien bereits mehrfach darauf hingewiesen, es brauche mehr Geld für die humanitäre Hilfe in Krisensituationen. Heute beschloss nun der Bundesrat, zusätzliche 70 Millionen Franken für Nothilfeeinsätze in Syrien und anderen krisengeplagten Ländern zu beantragen. Für Alliance Sud, die entwicklungspolitische Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Hilfswerke, ist Nothilfe in Krisengebieten ausgesprochen wichtig. Sie begrüsst deshalb die heute angekündigte Aufstockung, kritisiert aber scharf, dass der Bundesrat die Nothilfe gegen die langfristige Entwicklungszusammenarbeit ausspielt.
Denn die Finanzierung soll zu einem beträchtlichen Teil auf Kosten des Budgets für die langfristige Zusammenarbeit gehen. 2015 sind zugunsten der heute beschlossenen zusätzlichen Krisenhilfe Einsparungen bei der Entwicklungszusammenarbeit von bis zu 20 Millionen vorgesehen. Weiter ist damit zu rechnen, dass im Jahr 2016 nochmals 20 Millionen von der Entwicklungszusammenarbeit abgezwackt werden. Dazu will sich das EDA vorderhand aber nicht äussern.
«Es ist zynisch und kurzsichtig, wenn der Bundesrat die Krisenhilfe aufstockt und gleichzeitig bei der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit spart», betont Mark Herkenrath, Geschäftsleiter von Alliance Sud. Noteinsätze können Leben retten und sind in der aktuellen Krisensituation unabdingbar, aber nur die langfristig angelegte Entwicklungszusammenarbeit kann die Ursachen von Armut und Not bekämpfen. Zusätzliche Nothilfe ist deshalb zusätzlich zur Entwicklungszusammenarbeit zu finanzieren. «Wenn der Bundesrat heute bei der Entwicklungszusammenarbeit sparen will, muss er morgen wieder mehr Geld für kurzfristige Kriseneinsätze ausgeben», warnt Herkenrath.
Trotzdem hat der Bundesrat bereits in den vergangenen Wochen massive Sparmassnahmen bei der Entwicklungszusammenarbeit angekündigt. Sein bisheriger Budgetentwurf für 2016 sieht bei der Entwicklungszusammenarbeit der Deza Kürzungen von rund 60 Millionen Franken vor. Bei der Ostzusammenarbeit sollen rund 8 Mio. Franken und bei der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit des Seco sogar rund 20 Mio. gespart werden. Die heute beschlossene Aufstockung der Krisenhilfe dürfte nochmals weitere Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit bedeuten.
Artikel teilen