Medienmitteilung

Entwicklungsausgaben im freien Fall

16.04.2025, Entwicklungsfinanzierung

Einmal mehr verfehlt die Schweiz bei weitem das international vereinbarte Ziel von 0.7% des Bruttonationaleinkommens (BNE) für die Entwicklungszusammenarbeit. Die heute von der OECD publizierten Zahlen zur öffentlichen Entwicklungsfinanzierung (APD) zeigen, dass die Schweiz 2024 nur 0.51% des BNE für die Entwicklungszusammenarbeit ausgab, 14.9% weniger als im Vorjahr. Mit den im Dezember 2024 beschlossenen Kürzungen ist ein weiterer Rückgang absehbar.

Entwicklungsausgaben im freien Fall

Symbolbild © Keystone

Wie schon in den Vorjahren verfehlte die Schweiz auch im letzten Jahr ihre internationalen Verpflichtungen und steht mit 0.51% des BNE auf Platz 8 der OECD-Geberländer. Ohne Anrechnung der Asylausgaben im Inland, die aus nicht nachvollziehbaren Gründen ebenfalls der APD angerechnet werden dürfen, betragen ihre Entwicklungsausgaben gar lediglich 0.38%. Somit machen Asylausgaben im Inland satte 25% der von der Schweiz angerechneten Entwicklungsausgaben aus.

Die Reduktion der Entwicklungsausgaben um 14.9% verglichen mit dem Vorjahr steht auch den Ansichten der Schweizer Bevölkerung diametral entgegen. Gemäss einer heute publizierten repräsentativen Umfrage der ETH wünschen sich knapp 80% der Schweizer Bevölkerung, dass die Entwicklungsausgaben gleichbleiben oder erhöht werden.

Der Entscheid des Parlaments, die Entwicklungsausgaben im Finanzjahr 2025 um 110 Millionen Franken und in den Jahren 2026-2028 um 321 Millionen Franken zu kürzen, greifen in der OECD-Statistik noch nicht. Es ist also davon auszugehen, dass sich die Position der Schweiz weiter verschlechtern wird – und dies in einem Kontext, in dem nichts mehr ist wie es einmal war. Seit der Amtseinführung von Donald Trump wurden nicht nur der Multilateralismus und damit auch das internationale Genf stark geschwächt, auch die Abschaffung von USAID hat weltweit dramatische Konsequenzen.

«In dieser veränderten Weltlage sollte die Schweiz sich klar positionieren und sich auf die Seite von Multilateralismus, Demokratie und Menschenrechte stellen», sagt Kristina Lanz, Expertin für internationale Zusammenarbeit bei Alliance Sud. Dies bedingt ebenso eine grosszügige Unterstützung der in Genf ansässigen internationalen Organisationen wie auch einen zukunftsgerichteten Ausbau der Entwicklungsfinanzierung und der internationalen Klimafinanzierung. Die vierte Internationale Konferenz für Entwicklungsfinanzierung (FfD4), die vom 30. Juni bis 3. Juli in Sevilla stattfindet, bietet hierfür eine hervorragende Gelegenheit.

Zusätzliche Investitionen sind möglich

Auch wenn der Bundesrat dies immer wieder bestreitet – die Schweiz kann es sich leisten, mehr in die internationale Zusammenarbeit zu investieren: Zum einen gäbe es für den Bund – zumindest mittel- bis langfristig – vielfältige Möglichkeiten, um Mehreinnahmen zu generieren; zum anderen besteht für die Schweiz kein Grund zum Sparen. «Die extrem tiefe, abnehmende Staatsverschuldung der Schweiz ermöglicht auch kurzfristig zusätzliche Investitionen», sagt Andreas Missbach, Geschäftsleiter von Alliance Sud. Mit einer Lockerung der Schuldenbremse würden gemäss einer Studie von Cédric Tille, Professor für internationale Ökonomie am Geneva Graduate Institute, bis 2030 mindestens 15 Milliarden Franken für Mehrausgaben zur Verfügung stehen, bis 2050 sogar 25 Milliarden. Dies, ohne dass sich die extrem niedrige Schuldenquote der Schweiz erhöht.

 

Für weitere Informationen:
Kristina Lanz, Expertin für internationale Zusammenarbeit, Tel. +41 31 390 93 40, kristina.lanz@alliancesud.ch
Andreas Missbach, Geschäftsleiter, Tel. +41 31 390 93 30, andreas.missbach@alliancesud.ch

Infografik

Medienmitteilung Alliance Sud und Public Eye

Starbucks missbraucht sein Nachhaltigkeits-Programm in der Schweiz für Steuervermeidung

28.03.2025, Finanzen und Steuern

Zehn Jahre nachdem die EU-Kommission beim Kaffeekonzern massives Steuerdumping aufgedeckt hat, zeigt eine neue internationale Studie: Starbucks hat zwar das Frappuccino-Sortiment aktualisiert, nicht aber seine Schweizer Steuertricks. Dagegen haben Alliance Sud und Public Eye heute in Lausanne beim Schweizer Sitz des Unternehmens protestiert.

Dominik Gross
Dominik Gross

Experte für Steuer- und Finanzpolitik

+41 31 390 93 35 dominik.gross@alliancesud.ch
Starbucks missbraucht sein Nachhaltigkeits-Programm in der Schweiz für Steuervermeidung

© Alliance Sud

Multinationale Konzerne nützen Patent-, Marken- oder Software-Rechte, um Gewinne nicht dort zu versteuern, wo sie erarbeitet werden, sondern dort, wo sie auf diese am wenigsten Steuern zahlen müssen. So weit, so bekannt. Die Recherche der NGO CICTAR «Starbucks’ Swiss Scheme: ‘Fair’ Trading or Global Tax Dodge?» zeigt nun aber: Profit Shifting geht auch mit Hilfe eines Firmenprogramms für ökologischen und fairen Handel.

Starbucks wickelt seinen gesamten konzerninternen Handel mit Kaffeebohnen über sein Lausanner Handelsbüro «Starbucks Coffee Trading Company Sarl» (SCTC) ab. Seit 2011 verbuchte der Konzern dort insgesamt 1,3 Milliarden Dollar Gewinne – dank auffällig hohen Margen aus dem internen Bohnenhandel von bis zu 18% und zu einem im internationalen Vergleich sehr niedrigen Steuersatz von höchstens 14%. Bereits 2015 kritisierte dies die EU-Kommission. Der Konzern begründete die hohen Margen damals mit Kosten für sein Zertifizierungsprogramm C.A.F.E. Practices – laut EU-Kommission zu Unrecht.

Der CICTAR-Bericht zeigt jetzt: Starbucks wendet dieses «Swiss scheme» immer noch an und verschiebt so weiter Gewinne nach Lausanne. Auf der Strecke bleibt der Fiskus in den Produktionsländern und den Absatzmärkten von Starbucks. Die Produzent:innen leiden aber nicht nur finanziell: «Reporter Brasil» enthüllte vor eineinhalb Jahren, dass auf durch C.A.F.E. Practices zertifizierten Plantagen in Brasilien illegale Sklaven- und Kinderarbeit stattfindet. «Dass Starbucks ausgerechnet mit diesem Programm auch noch Gewinne von einkommensschwächeren Ländern nach Europa verschiebt, ist ein Affront gegenüber den Kaffeepflückern und -bäuerinnen» sagt Carla Hoinkes, Landwirtschaftsexpertin bei Public Eye. «Statt fairen Handel fördert Starbucks damit globale Ungerechtigkeit».

Dominik Gross, Experte für Steuerpolitik bei Alliance Sud, sagt: «Für solche Steuervermeidungstricks bleiben der Kanton Waadt und die Schweiz trotz OECD-Mindeststeuer weiterhin attraktiv.» Doch damit nicht genug: Tiefsteuer-Kantone wie Zug, Basel-Stadt, Luzern oder Schaffhausen wollen die zusätzlichen Mindeststeuereinnahmen ausgerechnet wieder an jene Firmen zurückgeben, die die Mindeststeuer bezahlen. Ob Waadt solche Massnahmen auch ergreift, ist noch offen. «Wenn die Schweizer Politik hier nicht durchgreift, werden davon auch Steuervermeider wie Starbucks profitieren», so Gross.

Medienbilder der Protestaktion in Lausanne

Weitere Ausführungen

 

Auskünfte:

Dominik Gross, Experte Steuerpolitik Alliance Sud,
E-mail: dominik.gross@alliancesud.ch, Tel. +41 78 838 40 79

Carla Hoinkes, Landwirtschaftsexpertin Public Eye,
E-mail: carla.hoinkes@publiceye.ch, Tel. +41 44 277 79 04

Medienmitteilung

Schweiz-Ukraine: Exportförderung auf Kosten der Entwicklungszusammenarbeit

20.03.2025, Internationale Zusammenarbeit

Der Nationalrat hat heute eine Motion zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Ukraine-Hilfe abgelehnt. Der Bundesrat möchte trotzdem weiterhin einen Staatsvertrag durchboxen. Alliance Sud fordert mehr Transparenz und klare Regeln, damit die Unterstützung für den Wiederaufbau der Ukraine die lokale Wirtschaft stärkt und Entwicklungsgelder nicht zur Förderung von Schweizer Unternehmen zweckentfremdet werden.

Kristina Lanz
Kristina Lanz

Expertin für internationale Zusammenarbeit

+41 31 390 93 40 kristina.lanz@alliancesud.ch
Laurent Matile
Laurent Matile

Experte für Unternehmen und Entwicklung

+41 22 901 14 81 laurent.matile@alliancesud.ch
Schweiz-Ukraine: Exportförderung auf Kosten der Entwicklungszusammenarbeit

Arbeiter entfernen zerbrochene Scheiben aus einem Schwimmbadgebäude in Odessa.
© Nina Liashonok/Ukrinform

Nachdem der Ständerat gestern eine Motion angenommen hat, welche die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Ukraine-Hilfe fordert, wurde eine gleichlautende Motion heute vom Nationalrat abgelehnt. Auch wenn die angenommene Motion des Ständerats nun noch einmal vom Nationalrat beraten werden muss, hat der Bundesrat bereits klargemacht, dass die Vorbereitungen für einen Staatsvertrag, welcher die finanzielle Unterstützung von Schweizer Unternehmen regeln soll, weitergeführt werden und dass dieser auch bei Annahme der Motion durch beide Räte im Sommer abgeschlossen werde.

Auch wenn die Ukraine bei der Ausgestaltung des Staatsvertrags mitreden darf, hat sie doch keine Wahl, was die Art der Unterstützung angeht – der Bundesrat hat bereits im Vorfeld 500 Millionen CHF aus dem Budget der Entwicklungszusammenarbeit reserviert, um Schweizer Unternehmen zu unter-stützen. Damit kehrt die Schweiz zur mittlerweile verpönten Strategie der gebundenen Hilfe („tied aid“) zurück, was bedeutet, dass Entwicklungsgelder an die Bedingung der Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen aus den Geberländern geknüpft werden. Dies ist nicht nur paternalistisch, sondern schadet auch der lokalen Wirtschaft und kostet im Durchschnitt mindestens 15-30% mehr als eine freie Wahl der Anbieter durch die Länder selbst.

Auch andere Länder, wie beispielsweise Frankreich, unterstützen ihre Unternehmen beim Wiederaufbau der Ukraine; jedoch ist die Schweiz das einzige europäische Land, das dies aus dem bereits stark zusammengeschrumpften Entwicklungsbudget finanziert. Alliance Sud setzt sich weiterhin dafür ein, dass für den Wiederaufbau der Ukraine und vor allem für die Zusammenarbeit mit dem Schweizer Privatsektor zusätzliche Mittel ausserhalb der Entwicklungszusammenarbeit gesprochen werden. Zudem fordert Alliance Sud vom Bundesrat volle Transparenz bezüglich des Staatsvertrags und der Auswahl der Schweizer Firmen, welche Förderbeiträge erhalten sollen. Es sollen nur Firmen unterstützt werden, die Güter und Dienstleistungen anbieten, die nicht von ukrainischen Firmen angeboten werden können. Ausserdem müssen alle finanzierten Projekte einen klaren entwicklungsrelevanten Mehrwert bieten, strikte Kriterien bezüglich Nachhaltigkeit, Korruptionsbekämpfung und Menschenrechten befolgen und zur Erreichung der Pariser Klimaziele beitragen.

 

Für weitere Informationen:

Laurent Matile, Experte für Unternehmen und Entwicklung,
Tel. +41 22 901 14 81, lauent.matile@alliancesud.ch

Kristina Lanz, Expertin für internationale Zusammenarbeit,
Tel. +41 31 390 93 40, kristina.lanz@alliancesud.ch

 

 

Medienmitteilung

Finanzierung der UNRWA sichert Waffenstillstand in Gaza

13.02.2025, Internationale Zusammenarbeit, Entwicklungsfinanzierung

Wenige Tage vor der Sitzung der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats (APK-S) bekräftigen rund ein Dutzend Organisationen die absolute Notwendigkeit, die Finanzierung der UNRWA fortzusetzen. Nur dank humanitärer Hilfe kann das Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und der Hamas dauerhaft gesichert werden. Mit einer Aktion vor dem Bundeshaus und einem offenen Brief fordern die Organisationen die Schweiz dazu auf, ihrer humanitären Tradition gerecht zu werden.

Laura Ebneter
Laura Ebneter

Expertin für internationale Zusammenarbeit

+41 31 390 93 32 laura.ebneter@alliancesud.ch
Finanzierung der UNRWA sichert Waffenstillstand in Gaza

Übergabe des Schreibens an der Tür zur Bundeskanzlei. © Luisa Baumgartner / Alliance Sud

Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) hat Ende Januar seinen Sitz im Stadtteil Sheikh Jarrah in Ost-Jerusalem geräumt und sein internationales Personal vorübergehend nach Jordanien verlegt. Diese Massnahme folgte auf die Verabschiedung eines völkerrechtswidrigen Gesetzes durch das israelische Parlament, das die Präsenz der UNRWA in Israel und dem seit 1967 besetzten Ost-Jerusalem verbietet.

«Das Tätigkeitsverbot für die UNRWA kommt zu einem Zeitpunkt, an dem humanitäre Hilfe dringender denn je benötigt wird. Das Leben, die Gesundheit und das Wohlergehen von Millionen von Palästinenser*innen sind in Gefahr. Die Schweiz muss die israelische Regierung auffordern, der UNRWA zu erlauben, wieder im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet zu arbeiten. Gleichzeitig muss sie das UNO-Hilfswerk weiterhin finanziell unterstützen», fordert Michael Ineichen, Advocacy-Verantwortlicher von Amnesty Schweiz.

Seit dem Inkrafttreten des Waffenstillstands in Gaza hat die UNRWA 60% der gesamten humanitären Hilfe geleistet, die in das besetzte palästinensische Gebiet gelangte. Damit ist die UNRWA weiterhin die wichtigste humanitäre Akteurin vor Ort. Nur sie verfügt über das notwendige Netzwerk, um Notunterkünfte, sanitäre Einrichtungen, medizinische Versorgung und Ausrüstung sowie die Verteilung von Nahrungsmitteln und Wasser sicherzustellen. Der Erfolg des Waffenstillstands hängt von dieser grundlegenden Hilfe ab.

Nach dem Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom Januar 2024 ist die Schweiz nachdrücklich verpflichtet, Massnahmen zu ergreifen, um einen Völkermord zu verhindern und humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung in Gaza zu gewährleisten. Als Depositärstaat der Genfer Konventionen organisiert sie zudem eine Konferenz der Vertragsstaaten der Genfer Konventionen mit dem Ziel, den Schutz der palästinensischen Bevölkerung zu verbessern. Ein Grund mehr, sich voll und ganz für die Menschenrechte der Palästinenser*innen einzusetzen – insbesondere durch einen Beitrag zur Sicherstellung von lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen.

«Amnesty International fordert die APK auf, die Unterstützung der UNRWA fortzusetzen. Eine Unterbrechung der Finanzierung würde im Widerspruch zu den internationalen Verpflichtungen der Schweiz stehen und die Bemühungen um Frieden und Stabilität in der Region untergraben. Die Unterstützung unseres Landes ist umso notwendiger, nachdem US-Präsident Trump beschlossen hat, die Finanzierung des Uno-Hilfswerks einzustellen», sagte Michael Ineichen.

Folgende Organisationen haben den offenen Brief an die APK mitunterzeichnet: Amnesty International, Alliance Sud, Forum für Menschenrechte in Israel/Palästina, Frieda – die feministische Friedensorganisation, Gesellschaft Schweiz Palästina, Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSOA), HEKS - Hilfswerk der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, Ina autra senda - Swiss Friends of Combatants for Peace, Jüdische Stimme für Demokratie und Gerechtigkeit in Israel/Palästina, Médecins du Monde Suisse, Medico International Schweiz, Palestine Solidarity Switzerland, Peace Watch Switzerland.

Im April 2024 überreichten Amnesty Schweiz und Partnerorganisationen mehr als 45'000 Unterschriften für einen Waffenstillstand und die Finanzierung der Uno-Hilfe in Gaza an den Bundesrat und das Parlament. Die Folgen eines Rückzugs der Schweiz von der Unterstützung der UNRWA wurden im Oktober in einem Schreiben an die Kommission dargelegt.

 

Medienmitteilung

Entwicklungszusammenarbeit: Mit weniger bewirkt niemand gleich viel

29.01.2025, Internationale Zusammenarbeit, Entwicklungsfinanzierung

Deza und SECO haben heute kommuniziert, wie sie die vom Parlament beschlossenen Kürzungen bei der internationalen Zusammenarbeit umsetzen wollen. Die dramatischen Auswirkungen auf die Menschen in den betroffenen Ländern und Programmen werden dabei heruntergespielt.

Entwicklungszusammenarbeit: Mit weniger bewirkt niemand gleich viel

Trotz der politisch unsicheren Situation und gefährlichen Fluten wird die Streichung des bilateralen Entwicklungsprogramms in Bangladesch unter anderem mit den «tatsächlichen Bedürfnissen vor Ort» begründet. © Keystone / EPA / STR

Damit keine Missverständnisse entstehen: Die Verantwortung für die Kürzungen von 110 Millionen Franken im Budget 2025 und 321 Millionen im Finanzplan der kommenden Jahre liegt allein bei der bürgerlichen Mehrheit im Parlament, die diese Entscheide gefällt hat. Die Aussage hingegen, dass «durch eine gezielte Priorisierung (…) die angestrebte Wirkung der internationalen Zusammenarbeit (IZA) trotzdem weitgehend möglich sein» soll, sendet aber ein falsches Signal. Natürlich ist die Entwicklungszusammenarbeit, die trotz Kürzungen geleistet werden kann, weiterhin wirksam. Aber genauso klar ist, dass mit 110 Millionen weniger nicht gleichviel gemacht werden kann. Und es ist klar, dass es Menschen im globalen Süden sind, die die Konsequenzen ganz konkret spüren werden, wenn erfolgreiche Projekte eingestellt werden müssen.

Die «Bedürfnisse vor Ort» sind gerade in Bangladesch und Sambia – in beiden Ländern sollen die Programme der DEZA eingestellt werden – sicher nicht kleiner geworden. Bangladesch ist in einer politisch unsicheren Situation, die Auswirkungen auf die für das Land zentrale Textilindustrie hat. Sambia leidet unter einer Schuldenkrise; nach dem Internationalen Währungsfonds besteht weiterhin «(a) high risk of overall and external debt distress». Dies auch deshalb, weil das Land unter aggressiver Steuervermeidung ausländischer Konzerne litt und leidet. So hat zum Beispiel Glencore auch bei hohen Kupferpreisen in Sambia nie Gewinnsteuern bezahlt. Beide Länder sind zudem besonders von der Klimakrise betroffen, die frühere Entwicklungserfolge bedroht. Bangladesch wegen Stürmen und ansteigendem Meeresspiegel und Sambia, weil die Stromproduktion stark zurückgegangen ist, da die Flüsse viel weniger Wasser führen.

Auch im multilateralen Bereich können die Kürzungen nicht einfach folgenlos weggesteckt werden. Eingestellt werden etwa die Zahlungen an UNAIDS. Aids gehört aber in Afrika immer noch zu den grössten Todesursachen und noch immer erhält fast ein Fünftel der afrikanischen HIV-Patient:innen keine lebensrettenden Medikamente. Auch soll es «zusätzliche Querschnittskürzungen» geben und die Kernbeiträge der NGOs sind betroffen, obwohl Bundesrat Cassis letzten Sommer im Parlament gesagt hat, dass diese Partnerorganisationen preisgünstig zur Umsetzung der IZA-Strategie beitragen. Im Klartext bedeutet dies alles konkret, dass etwa Bauernfamilien keine sichere Wasserversorgung im Kampf gegen die Klimakrise haben, Jugendlichen ein Ausbildungsplatz fehlt und mehr Kinder hungrig zu Bett gehen. Die Verantwortlichen für die Kürzungen sollten nicht beruhigt werden, sondern dieser Realität ins Auge blicken müssen.

 

 

Für weitere Informationen:

Andreas Missbach, Geschäftsleiter Alliance Sud
Tel. +41 31 390 93 30, andreas.missbach@alliancesud.ch

Medienmitteilung

Freiwillige sammeln 183'661 Unterschriften in 14 Tagen

21.01.2025, Konzernverantwortung

In kürzester Zeit haben über 10'000 Engagierte aus allen Landesteilen die Unterschriften für die neue Konzernverantwortungsinitiative gesammelt. Der Sammelrekord unterstreicht die grosse Unterstützung für die Initiative in der Bevölkerung.

Freiwillige sammeln 183'661 Unterschriften in 14 Tagen

Trotz eisiger Temperaturen engagierten sich in den letzten zwei Wochen Freiwillige schweizweit und sprachen mit Passant:innen über die neue Konzernverantwortungsiniative - mit rekordverdächtigem Erfolg.

Medienmitteilung der Koalition für Konzernverantwortung vom 21. Januar 2025. Alliance Sud ist Mitglied der Koalition für Konzernverantwortung.

 

Ein breites Komitee aus Politiker:innen aller Lager sowie Unternehmer:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft lancierte am 7. Januar 2025 die neue Konzernverantwortungsinitiative. Diese verpflichtet Konzerne wie Glencore bei ihren Geschäften zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltbestimmungen.

Freiwillige hatten Mitte Januar über 1'000 Standaktionen organisiert, um die nötigen Unterschriften in kürzester Zeit zu sammeln. In nur 14 Tagen sind 183'661 Unterschriften zusammengekommen, die nun beglaubigt werden.

Der Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt, der Mitglied des Initiativkomitees ist, kommentiert: «Ich habe noch nie ein Anliegen erlebt, für das sich so viele Menschen in ihrer Freizeit einsetzen. Überall fanden in den letzten zwei Wochen Standaktionen statt – in den Städten und auf dem Land. Dass in nur 14 Tagen 183'661 Unterschriften gesammelt wurden, ist eine Sensation! Das zeigt eindeutig, wie gross die Unterstützung für die Konzernverantwortungsinitiative in der Bevölkerung ist.»

Schweiz bald einziges Land ohne Konzernverantwortung

2020 warnten die Gegner:innen im Abstimmungskampf um die erste Konzernverantwortungsinitiative, die Schweiz würde «weltweit einzigartige Haftungsregeln» einführen. Der Bundesrat versprach, «international abgestimmt» vorgehen zu wollen und «gleich lange Spiesse» für Unternehmen in der Schweiz und der EU anzustreben.

Doch obwohl seither verschiedene europäische Länder wie Deutschland und Norwegen Konzernverantwortungsgesetze einführten und im Frühling 2024 die Europäische Union eine Sorgfaltspflichtenrichtlinie verabschiedete, kommt die Diskussion hierzulande nicht voran.

Aktuelle Skandale zeigen Handlungsbedarf

Bis heute verletzen Konzerne mit Sitz in der Schweiz immer wieder Menschenrechte und grundlegende Umweltbestimmungen: Sei es eine Glencore-Mine in Peru, die einen ganzen Landstrich vergiftet, Goldraffinerien wie MKS Pamp, die problematisches Gold in die Schweiz importieren, der Genfer Metallhandelskonzern IXM, der in Namibia rund 300'000 Tonnen hochgiftige Abfälle zurücklässt oder gewisse Schokolade-Konzerne, die bis heute von Kinderarbeit profitieren.

Die neue Konzernverantwortungsinitiative wird solchen Geschäften einen Riegel schieben.

 

Weitere Informationen:

Oliver Heimgartner, Co-Geschäftsleiter
078 800 93 45, oliver.heimgartner@konzernverantwortung.ch

Medienkontakt:

Stefan Müller-Altermatt, Nationalrat Die Mitte (SO)
076 332 15 26

Medienmitteilung

Neue Konzernverantwortungsinitiative verhindert Schweizer Alleingang

07.01.2025, Konzernverantwortung

Ein breites Komitee mit Vertreter:innen aller politischer Lager sowie Unternehmer:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft stellt heute in Bern die neue Konzernverantwortungsinitiative vor. Die Initiative verpflichtet Konzerne bei ihren Geschäften zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltbestimmungen.

Neue Konzernverantwortungsinitiative verhindert Schweizer Alleingang

Hinter dem Sicherheitszaun erhebt sich Antapaccay, eine gigantische Kupfermine von Glencore in Peru. Studien zeigen, dass sie mitten in indigenem Land Luft, Wasser und Böden vergiftet. © Jacob Balzani Lööv

Medienmitteilung der Koalition für Konzernverantwortung vom 7. Januar 2025. Alliance Sud ist Mitglied der Koalition für Konzernverantwortung.

 

Bis heute verletzen Konzerne mit Sitz in der Schweiz immer wieder Menschenrechte und grundlegende Umweltbestimmungen: Sei es eine Glencore-Mine in Peru, die einen ganzen Landstrich vergiftet, Goldraffinerien wie MKS Pamp, die problematisches Gold in die Schweiz importieren, der Genfer Metallhandelskonzern IXM, der in Namibia rund 300'000 Tonnen hochgiftige Abfälle zurücklässt oder gewisse Schokolade-Konzerne, die bis heute von Kinderarbeit profitieren. Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt stellt klar: «Dieses Verhalten schadet dem Ruf unserer Wirtschaft und muss nun endlich aufören.»

Die Beispiele zeigen auch, dass der Gegenvorschlag zur ersten Konzernverantwortungsinitiative, der weitgehend auf Wunsch der Konzernlobbyverbände eingeführt wurde und auf Berichterstattung fokussiert, wirkungslos geblieben ist.

Schweiz bald einziges Land ohne Konzernverantwortung

2020 warnten die Gegner:innen im Abstimmungskampf um die erste Konzernverantwortungsinitiative, die Schweiz würde «weltweit einzigartige Haftungsregeln» einführen. Der Bundesrat versprach, «international abgestimmt» vorgehen zu wollen und «gleich lange Spiesse» für Unternehmen in der Schweiz und der EU anzustreben.

Doch obwohl seither verschiedene europäische Länder wie Deutschland und Norwegen Konzernverantwortungsgesetze einführten und im Frühling 2024 die Europäische Union eine Sorgfaltspflichtenrichtlinie verabschiedete, kommt die Diskussion hierzulande nicht voran. GLP-Nationalrat Beat Flach sagt: «Die Schweiz ist nun bald das einzige Land in Europa ohne Konzernverantwortung. Das wollen wir nicht. Die Schweiz muss international abgestimmt vorgehen.»

Initiative stellt für Grosskonzerne verbindliche Regeln auf

Die neue Initiative «Für verantwortungsvolle Grossunternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» möchte Schweizer Konzerne dazu verpflichten, bei ihren Geschäften Menschenrechte und Umweltbestimmungen einzuhalten und ihre klimaschädlichen Emissionen zu reduzieren. Die geforderten Pflichten sind eng mit den internationalen Standards in dem Bereich und den neuen Pflichten in der EU abgestimmt und gelten für Konzerne ab 1'000 Mitarbeitenden und 450 Millionen Franken Umsatz. Im besonders risikobehafteten Rohstoffsektor sollen auch Grossunternehmen erfasst werden, die diese Schwellenwerte nicht erreichen.

Glencore müsste mit der Initiative beispielsweise endlich Massnahmen ergreifen, um die jahrelange Verschmutzung rund um die Mine Antapaccay in Peru zu stoppen und die Schäden zu sanieren.

Damit sich alle Konzerne an die neuen Regeln halten, sieht die Initiative vor, dass Betroffene von Menschenrechtsverletzungen vor einem Schweizer Gericht Schadenersatz einfordern können. Die Pflichteinhaltung soll zudem von einer unabhängigen Aufsicht stichprobenartig überprüft werden, wie das auch in den anderen europäischen Ländern vorgesehen ist.

Der ehemalige FDP-Nationalrat und Staatsrat Claude Ruey kommentiert: «Die Initiative setzt ein rechtsstaatliches Prinzip um, das mir als Liberaler sehr am Herzen liegt: Jeder ist für sein Handeln verantwortlich und wer einen Schaden anrichtet, soll dafür geradestehen.»

Dem Initiativkomitee ist es wichtig, einen pragmatischen Vorschlag zu machen. Im neuen Initiativtext wurden deshalb einige Zugeständnisse an die Gegner:innen der ersten Konzernverantwortungsinitiative gemacht, um auf die bereits geführte Diskussion in der Schweiz Rücksicht zu nehmen. So ist die Haftung für Zulieferer im Vergleich zur EU-Richtlinie ausgeschlossen, die Beweislastverteilung ist im Vergleich zur ersten Initiative offener geregelt und KMU sind vom Geltungsbereich der Initiative ausgeschlossen.

Unterschriften sollen in 30 Tagen gesammelt werden

Hinter der Initiative steht ein breites Komitee, in dem bekannte Politiker:innen aller Lager, Unternehmer:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft Einsitz nehmen. Dazu kommen tausende Einzelpersonen, die bereits für die erste Initiative eine Fahne aufgehängt haben und nun mithelfen, dass die nötigen 100'000 Unterschriften in nur 30 Tagen zusammenkommen. In der ganzen Schweiz haben Freiwillige im Verlauf vom Januar über 1'000 Standaktionen organisiert, um diesen Sammelrekord zu schaffen und so ein starkes Zeichen zu setzen, damit Konzerne endlich für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung geradestehen müssen.

 

Weitere Informationen:

Oliver Heimgartner, Co-Geschäftsleiter
078 800 93 45, oliver.heimgartner@konzernverantwortung.ch

Medienkommentar

Das IZA-Budget fällt aus dem Rahmen

19.12.2024, Entwicklungsfinanzierung

Die Wintersession geht mit Millionenkürzungen im Zahlungsrahmen 2025-2028 (-151 Millionen CHF) und im Budget 2025 der Entwicklungszusammenarbeit (-110 Millionen) zu Ende. Die Entscheide des Parlaments werden auf Kosten der ärmsten Länder dramatische Konsequenzen haben und waren geprägt von vielen falschen Argumenten, kritisiert Andreas Missbach, Geschäftsleiter von Alliance Sud.

Das IZA-Budget fällt aus dem Rahmen

© Parlamentsdienste / Tim Loosli

Das Tauziehen um die Aufrüstung der Armee war geprägt von frei interpretierten Zahlen, falschen Argumenten und einem prozeduralen Trick. Einige Minuten lang hatten sich am 9. Dezember beide Räte gegen Kürzungen in den Zahlungsrahmen der IZA-Strategie 2025-2028 ausgesprochen. Der Nationalrat war mit Unterstützung der Mehrheit der Mitte bei 95 zu 94 Stimmen dem Ständerat gefolgt und lehnte alle Kürzungen ab. Doch dann geschah etwas, was zuvor noch nie geschehen ist. Die Ausga-benbremse wurde nicht gelöst. Denn bei Budgetentscheiden über 20 Millionen muss das Parlament diese immer in einem separaten Beschluss lösen, normalerweise eine Routineangelegenheit. Für diesen Entscheid gilt zudem das absolute Mehr, das heisst es braucht im Nationalrat 101 Ja-Stimmen, Enthaltungen zählen als Nein. Es fehlten nur gerade zwei Stimmen. Das gab der FDP die Möglichkeit, noch einmal Kürzungsanträge zu stellen. Diese wurden auch nur mit dem Stichent-scheid der FDP-Nationalratspräsidentin angenommen, mit 96 zu 95 Stimmen.

Neben 151 Millionen bei der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) sollte ausgerechnet bei der humanitären Hilfe für die Ukraine das Messer angesetzt werden (-200 Millionen). Dies, nachdem Bürgerliche in der Debatte immer wieder betont hatten, man sei ja nicht herzlos und werde sicher nicht bei der humanitären Hilfe sparen. Der Ständerat korrigierte auf die -151 Millionen bei der DEZA und verhinderte eine totale Blamage der Schweiz und kalte Stuben in der Ukraine.

Überhaupt spielten Fakten in der Debatte keine Rolle. Etwa die wissenschaftlich eindeutige Wirk-samkeit der Entwicklungszusammenarbeit oder die Tatsache, dass es keinen Bereich in der Bun-desverwaltung gibt, wo mehr evaluiert wird und mehr Transparenz herrscht, man also deshalb sehr genau weiss, «was mit dem ganzen Geld im Ausland geschieht». Auch mit frei erfundenen Zahlen über die internationale Zusammenarbeit (IZA) wurde jongliert, es durften dann schon einmal zwei Drittel zu viel sein. Ebenso faktenfrei ist die oft gehörte Aussage, die Armee sei «in den letzten Jahren» zu Gunsten der IZA ausgehungert worden. Dabei war das Wachstum seit 2015 bei der IZA immer geringer (durchschnittlich 1,7%) als das Wachstum des Bundeshaushalts (2,6%), während das Wachstum der Armeeausgaben schon bisher deutlich darüber lag (3,9%). Hunger sieht anders aus und findet anderswo statt.

Es half nicht, dass gleichzeitig mit dem Zahlungsrahmen 2025-2028 auch das (verbindliche) IZA-Budget für 2025 verhandelt wurde. Fürs kommende Jahr wird nun die internationale Zusammenarbeit um 110 Millionen Franken gekürzt. Damit zeigt sich anschaulich, dass Zahlungsrahmen eben nur der Rahmen sind, im dem sich Parlamentarierinnen und Parlamentarier im besseren Licht darstellen können (bzw. im weniger schlechten Licht). Im Budget wurde nämlich auch bei der multilateralen IZA und der Entwicklungszusammenarbeit des SECO gekürzt, die im Zahlungsrahmen verschont worden waren. Und bei der DEZA steht weniger Geld zur Verfügung, als der Zahlungsrahmen erwarten liesse.

Die 30 Millionen Franken, die bei der multilateralen Hilfe fehlen, entsprechen etwa dem gesamten bisherigen Engagement der Schweiz im Kampf gegen Aids, Tuberkulose und Malaria. Das Geld, das bei der bilateralen Zusammenarbeit fehlt, wird ganz konkret bedeuten, dass weniger Schüler:innen in Flüchtlingslagern unterrichtet werden können, Bauernfamilien eine sichere Wasserversorgung im Kampf gegen die Klimakrise fehlt, Jugendlichen ein Ausbildungsplatz und mehr Kinder hungrig zu Bett gehen. Weihnachten sieht anders aus.

Für weitere Informationen:
Andreas Missbach, Geschäftsleiter, Alliance Sud, Tel. +41 31 390 93 30, andreas.missbach@alliancesud.ch

 

 

Medienmitteilung

Planlose Sparpolitik: nun auch auf Kosten der Ukraine-Hilfe

12.12.2024, Internationale Zusammenarbeit

Ständerat und Nationalrat haben heute drastische Kürzungen bei der internationalen Zusammenarbeit vorgenommen. Geht es nach dem Nationalrat, soll nun auch die kriegsversehrte Bevölkerung in der Ukraine unter den Sparübungen leiden. Das Parlament hat seinen humanitären Kompass verloren.

Planlose Sparpolitik: nun auch auf Kosten der Ukraine-Hilfe

Bei einem offiziellen Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Januar 2024 in Bern hatten Parlamentarier:innen die Solidarität der Schweiz noch bekräftigt.

© Parlamentsdienste / Monika Flückiger

 

Am Donnerstag sind gleich zwei schwerwiegende Entscheide gefallen: Der Ständerat will beim Budget für das nächste Jahr 71 Millionen Franken bei der internationalen Zusammenarbeit (IZA) sparen. Zeitgleich hat der Nationalrat im Rahmen der Differenzbereinigung zur Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2025-2028 entschieden, dass er insgesamt 351 Millionen Franken bei der IZA sparen will. Davon sollen 151 Millionen bei der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und 200 Millionen bei der Ukraine-Hilfe gekürzt werden. Das trifft konkret auch die humanitäre Hilfe in der Ukraine. Umso stossender ist dieser Entscheid, als dass der Nationalrat die Unterstützung von Schweizer Unternehmen für die Ukraine-Hilfe von der Sparübung ausnehmen will.

Für Andreas Missbach, Geschäftsleiter von Alliance Sud, dem Schweizer Kompetenzzentrum für internationale Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik, hat das Parlament jegliche Perspektive verloren: «Der Nationalrat will das Geld für die Ukraine lieber Schweizer Unternehmen zuschanzen, als der frierenden Bevölkerung in der Ukraine Schutz und Hilfe zu gewähren.»

Alliance Sud fordert das Parlament auf, diese Kürzungen in der weiteren Differenzbereinigung zurückzunehmen.

 

Für weitere Informationen:
Andreas Missbach, Geschäftsleiter, Alliance Sud, Tel. +41 31 390 93 30 andreas.missbach@alliancesud.ch

 

Medienmitteilung

Impact Investing zeigt wenig Wirkung in den ärmsten Ländern

10.12.2024, Entwicklungsfinanzierung

In Genf hat am Montag die Konferenz «Building Bridges» begonnen. Deren erklärtes Ziel ist es, «den Übergang zu einem globalen Wirtschaftsmodell zu beschleunigen, das sich an den Bedürfnissen der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) ausrichtet». Eine neue Analyse von Alliance Sud hebt den Nischencharakter von Impact Investing hervor und beklagt, dass nur wenig in die ärmsten Länder investiert wird.

Laurent Matile
Laurent Matile

Experte für Unternehmen und Entwicklung

+41 22 901 14 81 laurent.matile@alliancesud.ch
Impact Investing zeigt wenig Wirkung in den ärmsten Ländern

Die geografische Fokussierung von Impact Investing. Quelle: Tameo 2023.

Die Schweiz strebt eine führende Rolle im Bereich der nachhaltigen Finanzwirtschaft an. Im Zentrum des sogenannten nachhaltigen Finanzwesens steht das Impact Investing, das zwei Ziele verfolgt: finanzielle Renditen zu erzielen und gleichzeitig die grossen sozialen und ökologischen Herausforderungen anzugehen. Dieser Ansatz, der im internationalen Finanzsystem populär geworden ist, zielt darauf ab, privates Kapital zu mobilisieren, um die SDGs zu erreichen. Das zu deren Umsetzung erforderliche «Finanzierungsloch» ist jedoch abgrundtief: Laut der in Genf ansässigen UNO-Organisation für Handel und Entwicklung (UNCTAD) stehen die Entwicklungsländer einer jährlichen Finanzierungslücke von über 4 Billionen USD gegenüber.

In einer heute veröffentlichten Analyse untersuchte Alliance Sud den Beitrag von Impact Investing zur nachhaltigen Entwicklung. Trotz des Wachstums dieses Sektors wird deutlich, dass dieser Ansatz allein nicht in der Lage sein wird, die Finanzierungslücke zu schliessen und die systemischen und strukturellen Hindernisse für eine nachhaltige Entwicklung zu beseitigen. Die Priorität muss weiterhin auf der Mobilisierung von Steuermitteln in den ärmsten Ländern, der Bekämpfung illegaler Finanzströme und der Aufrechterhaltung einer substanziellen öffentlichen Entwicklungsfinanzierung für die ärmsten Länder liegen.

Darüber hinaus können wirkungsorientierte Investitionen nicht die Notwendigkeit einer tiefgreifenden Umgestaltung der globalen Finanzmärkte ersetzen. Deren Ausrichtung an Nachhaltigkeits- und Klimazielen erfordert glaubwürdige Regulierungen, die Bepreisung von Kohlenstoff und die Offenlegung von klimabezogenen Finanzinformationen.

Regionale und sektorielle Fokussierung
Eine grosse Sorge, die Alliance Sud teilt, ist das Risiko des «Impact Washing», bei dem Investitionen als sozial oder ökologisch vorteilhaft dargestellt werden, ohne messbare Ergebnisse zu liefern. Verschärft wird dieses Risiko durch das Fehlen allgemein anerkannter Definitionen und Standards zur Messung der Auswirkungen von Investitionen und zur Gewährleistung einer glaubwürdigen Berichterstattung.

Die Analyse von Alliance Sud legt einen besonderen Fokus auf den Schweizer Markt für Impact Investing in Entwicklungsländern. Tatsächlich werden nur etwa 11 Milliarden USD in Unternehmen und Projekte in Entwicklungsländern investiert. Dies entspricht weniger als 0,6 Prozent des Gesamtvolumens der nachhaltigkeitsbezogenen Investitionen oder weniger als 0,12 Prozent des Gesamtvolumens der verwalteten Vermögen der Banken in der Schweiz im Jahr 2023 (rund 8'400 Milliarden Schweizer Franken).

Die Schweizer Impact-Investitionen bleiben zudem regional stark konzentriert. Fast die Hälfte wird in Lateinamerika und der Karibik sowie in Osteuropa und Zentralasien getätigt, was auf die relative politische und wirtschaftliche Stabilität und ein investitionsfreundliches Umfeld in diesen Regionen zurückzuführen ist. Hingegen entfallen trotz des grossen Finanzierungsbedarfs in benachteiligten Regionen nur etwa 15% der Gesamtinvestitionen auf Subsahara-Afrika, den Nahen Osten und Nordafrika (MENA).

Auch auf sektorieller Ebene ist eine Konzentration festzustellen, wobei die Mikrofinanzierung und die Finanzierung von KMU mit über 80% der Investitionen stark dominieren. Die Sektoren «Ernährung und Landwirtschaft» sowie «Klima und Biodiversität» profitieren weitaus weniger von Investitionen. Die «sozialen Sektoren», zu denen Wohnungsbau, Wasser und Gemeinschaften, Gesundheit und Bildung gehören, ziehen zusammen weniger als 2% des Kapitals an. Dies liegt vor allem daran, dass diese Sektoren in der Regel keine attraktiven finanziellen Renditen bieten und von den Regierungen oft als öffentliches Eigentum verwaltet werden.

«Der Schweizer Markt für Impact Investing konzentriert sich auf Regionen und Sektoren mit geringeren Risiken und höheren finanziellen Renditen. Darin widerspiegelt sich der Trend zu «sicheren» Investitionen, die nicht auf die dringendsten Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung reagieren», sagt Laurent Matile, Experte für Unternehmen und Entwicklung bei Alliance Sud, dem Schweizer Kompetenzzentrum für internationale Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik.

Weitere Informationen:
Laurent Matile, Experte für Unternehmen und Entwicklung bei Alliance Sud, Tel. +41 22 901 14 81, laurent.matile@alliancesud.ch