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Mutige Schritte statt Schnellschüsse

21.06.2022, Internationale Zusammenarbeit

Es brauche eine mutige Agenda 2030 für die Schweiz, denn wie waffenstarrend auch immer sie ist, die Welt endet nicht an den Schweizer Grenzen, schreibt Andreas Missbach zur milliardenschweren und unnötigen Aufstockung der Armeeausgaben.

Andreas Missbach
Andreas Missbach

Geschäftsleiter

Mutige Schritte statt Schnellschüsse

© Parlamentsdienste, 3003 Bern

Das Parlament will die Militärausgaben ab 2023 schrittweise auf 1 % des Bruttoinlandprodukts erhöhen. Das wären dann 2030 drei Milliarden Schweizer Franken mehr, als heute für die Armee ausgegeben wird. Ein Schnellschuss. Die SchweizerInnen sehen laut Umfragen die Aufrüstung kritisch und selbst die NZZ fragt sich: «Ist das wirklich nötig?» Pälvi Pulli, Chefin Sicherheitspolitik des Verteidigungsdepartements, sagte der «Republik»: «Die Schweiz ist nicht viel stärker bedroht als vor dem Krieg.»

Es ist hingegen keine Frage mehr, dass der andauernde Krieg in der Ukraine dramatische Auswirkungen auf die Länder des globalen Südens hat. Die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel und für energieintensiven Dünger waren bereits vor dem Krieg hoch. Dann kam die Invasion, die zu einer zunächst rein spekulativen Preisexplosion führte. Dabei gilt weiterhin, dass die Welt genug Nahrungsmittel produziert. Weniger davon im Futtertrog, auf dem Müll und im Fahrzeugtank würde ausreichen, um den Ausfall der ukrainischen Ernte mehr als zu kompensieren. Dennoch braucht es kurzfristig eine massive Erhöhung der Nahrungsmittelhilfe und mehr Geld, um Menschen vor dem Verhungern zu bewahren und Aufstände zu verhindern.

Auch bei der Verschuldung vieler Länder des Südens setzen die Auswirkungen des Krieges noch einen drauf, nach dem diese durch die Corona-Krise bereits stark angestiegen war. Um Schuldenkrisen mit dramatischen Folgen für die Bevölkerung zu verhindern, braucht es kurzfristig einen Zahlungsaufschub und dann den Einbezug der Gläubiger – auch Schweizer Banken und Rohstoffhändler – in einen Schuldenerlass. Ebenso muss die Schweiz ihre vom Währungsfonds zugute gestellten und nicht genutzten Mittel (so genannte «Sonderziehungsrechte») schuldengeplagten Ländern überlassen.

Kurz nach Ausbruch des Krieges warnte UNO-Generalsekretär António Guterres: «Wenn sich unsere kollektive Aufmerksamkeit auf den Konflikt richtet, besteht die grosse Gefahr, dass wir andere Krisen vernachlässigen, die nicht verschwinden werden. Es wäre eine Tragödie, wenn die Geberländer ihre Militärausgaben auf Kosten der öffentlichen Entwicklungshilfe und des Klimaschutzes erhöhen würden.»

Um den vielfältigen Krisen im globalen Süden gerecht zu werden, müsste die Schweiz endlich einen angemessenen Beitrag zu deren Bekämpfung leisten. Unser Land sollte drei Milliarden Franken mehr pro Jahr in die Sicherheit des Planeten investieren. Dies würde es erlauben, endlich das UNO-Finanzierungsziel für die internationale Zusammenarbeit zu erreichen (0,7 % des Bruttonationaleinkommens). Zudem könnte die Schweiz ohne Doppelzählung 1 % zur globalen Klimafinanzierung beizutragen, was ihrem fairen Anteil entspricht. Das wäre eine mutige Agenda 2030 für die Schweiz, denn wie waffenstarrend auch immer sie ist, die Welt endet nicht an den Schweizer Grenzen.

 

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